Leverkusen Der Erzbischof im Pittermännchen
Leverkusen · Interview mit dem Kabarettisten Konrad Beikircher über sein neuntes Sprachprogramm und vor allem über das, was er in drei Kapiteln über den Rheinländer als solchen zu sagen hat.
Er ist in Südtirol geboren, hat aber Sprache und vor allem die Seele des Rheinländers erforscht wie kein anderer. Heute Abend um 20 Uhr ist Konrad Beikircher mit seinem neunten Sprachprogramm "Die rheinische Neunte" in der Opladener Festhalle zu Gast. RP-Mitarbeiterin Monika Klein erzählte er gestern am Telefon, was die Besucher erwartet und was ihn sonst noch so umtreibt.
Am liebsten möchte man fragen: Wie isset?
Beikircher Jot!
So weit die korrekte rheinische Eröffnung. Mit dem aktuellen Programm touren sie seit einem Jahr. Wird das nicht langweilig?
Beikircher Da ist dasselbe Programm, aber es kommt nie genau dasselbe. Da ist immer eine gewisse Variationsbreite drin.
Wie viel bleibt und was verändert sich im Laufe der Zeit?
Beikircher Es sind drei Kapitel, in denen ich als Immi was Grundsätzliches über den Rheinländer sage. Eines ist die wundervolle Fähigkeit des Rheinländers, sich freuen zu können. Da komme ich vom Hölzchen aufs Stöckchen, manchmal vom Clemens August auf den Barbarossa. Oder ich erzähle was vom Kölner Erzbischof Rainald von Dassel, der vor Rom dahin fiel, von der Malaria gefällt. Mitten im August, und da stellte sich das Problem, ihn nach Köln zurückzubringen, ohne Kühlschränke. Da haben sie ihn in 20 oder 30 Fässchen zurück transportiert, also in Pittermännchen.
Welche rheinischen Besonderheiten sprechen Sie noch an?
Beikircher Das Zweite ist die Fähigkeit, maggelen zu können. Maggelen ist nicht nur was Schmutziges, das ist auch die Fähigkeit, in schlechten Zeiten überleben zu können. Das erzähle ich am Beispiel der Kaffeeschmuggler so aus der Zeit von 1945 bis 1953.
Und was kommt drittens?
Beikircher Zum Schluss komme ich natürlich auf mein Lieblingsthema: der rheinische Glaube. Das ist der Humus, auf dem die rheinische Seele überhaupt erst gedeihen kann. Der normale rheinische Glaube ist schon eine andere Interpretation, das hat mit Kardinal Meisner oder mit Protestanten so was von überhaupt nichts zu tun. Das sind die drei Kapitel, und die füllen sich mal so, mal so. Da fällt mir dann noch dies und jenes ein.
Auf diese Weise bleibt es auch für Sie selbst interessant?
Beikircher Oh ja, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Dazu bin ich eigentlich aus der Not gekommen. Denn 1994 stand ich ungefähr 300 Mal auf der Bühne mit "Wie isset?...Jot!". Dabei habe ich gemerkt, dass das nicht das Richtige ist, denn ich bin nicht so wirklich der Schauspieler. Da habe ich reduziert auf 100 bis 110 Abende pro Jahr mit dem Sprachprogramm. Dann passiert genau das: ich habe Spaß beim Erzählen, und so komme ich hundertprozentig rüber.
Jeder kennt Ihre Sprachprogramme, aber Sie haben ja viele Seiten. Bei Bayer waren Sie beispielsweise mit Texten von H.C.Artmann.
Beikircher Das wird leider wenig veranstaltet. Ich bitte die Agentur, immer darauf hinzuweisen, denn es ist so eine Freude, mit den Musikern zusammen zu arbeiten. Aber es ist vielen zu riskant, einmal Poesie und dann auch noch Lieder. Damit muss ich halt leben, wat willste machen.
Läuft der Celentano-Abend, mit dem Sie zur LaGa hier waren, besser?
Beikircher Das hat sich stärker durchgesetzt, es ist ja auch populärere Musik. Das läuft prima. Ich moderiere natürlich auch gerne ein Konzert oder so etwas. Vielleicht ergibt sich das, da bin ich noch mit der Kulturabteilung Bayer im Gespräch.
Was haben Sie Neues in Arbeit?
Beikircher Ganz neu herausgekommen als Hörbuch ist eine Wiederentdeckung, ein Gespräch zwischen Wagner und Rossini, das ich neu übersetzt habe. Interessant ist es, weil da zwei Opernwelten aufeinander prallen. Rossini war noch dem 18. Jahrhundert verpflichtet, und Wagner kommt im Grunde mit dem 20. Jahrhundert. Mit dem WDR-Rundfunkorchester plane ich eine größere Geschichte, und ich arbeite an einem Musikprogramm. Ansonsten werde ich demnächst das zehnte Sprachprogramm schreiben müssen, immerhin weiß ich schon wie es heißen wird: Am schönsten isset, wenn es schön is.