Leverkusen Der "Drogist mit Leib und Seele" geht

Leverkusen · Die Neustadt-Drogerie an der Kölner Straße hat zugemacht. Inhaber Rico Schmitz nennt Alter und schwindenden Umsatz als Gründe. Und er erinnert sich, wie alles 1872 begann, als sein Urgroßvater die Drogerie eröffnete.

 Iris und Rico Schmitz geben die traditionsreiche "Neustadt-Drogerie" an der Kölner Straße auf. Der Familienbetrieb versorgte seit 1872 Kunden in Opladen mit Drogerieartikeln und mehr.

Iris und Rico Schmitz geben die traditionsreiche "Neustadt-Drogerie" an der Kölner Straße auf. Der Familienbetrieb versorgte seit 1872 Kunden in Opladen mit Drogerieartikeln und mehr.

Foto: uwe Miserius

Ursprünglich wollte Rico Schmitz bis zum 50. Berufsjubiläum durchhalten. Nun sind es sogar 60 Jahre geworden. Doch seit Anfang des Jahres ist endgültig Schluss. Die Schaufenster sind leer geräumt, die "Neustadt-Drogerie" an der Kölner Straße 130 - als letztes Opladener Fachgeschäft dieser Branche - ist Geschichte. "Es war Zeit aufzuhören", sagt der 76-jährige Geschäftsinhaber und begründet das zum einen mit seinem Alter, zum anderen mit ausbleibenden Umsätzen.

Schon seit Jahren seien immer weniger Kunden gekommen. Überwiegend alteingesessene Opladener aus der näheren Umgebung hätten ihm bis zum Schluss die Treue gehalten. Jüngere seien allenfalls in seine Drogerie gekommen, wenn sie etwas vergessen oder den gewünschten Artikel nicht woanders bekommen hätten.

Zwar waren viele Produkte nur in kleiner Stückzahl vorhanden und der Umsatz entsprechend gering - doch Schmitz, ein "Drogist mit Leib und Seele", bezeichnet das als "Service am Kunden". Die Einkaufsgewohnheiten der Menschen änderten sich schleichend, so Schmitz. Beratung wurde immer weniger wichtig, Anonymität immer gefragter. "Wenn wir nicht in unserem eigenen Haus gewesen wären, sondern Miete hätten zahlen müssen, hätten wir schon lange Pleite gemacht", verdeutlicht der Inhaber.

Die Familien-Tradition reicht bis ins Jahr 1872 zurück. Damals gründete Urgroßvater Richard Schmitz die "Germania-Drogerie" im Stammhaus an der Kölner Straße 29. Neben dem Verkauf von üblichen Drogerieartikeln wie Seife oder Putzmittel - die Seife wurde damals in Handarbeit produziert - hatte er sich auf die Herstellung von Schnaps und Likören spezialisiert. Mit dem Pferdefuhrwerk besuchte er damals noch seine Kunden, um die bestellte Ware auszuliefern.

1949 eröffnete Leni Clages, die Mutter von Rico Schmitz, ihr eigenes Geschäft, das Rico mit Ehefrau Iris im Jahr 1972 wiederum übernahmen und den Brauch des Urgroßvaters in Teilen fortführte. Hobby-Winzer erhielten in der "Neustadt-Drogerie" das komplette Sortiment, das zur Weinherstellung benötigt wurde. "Kunden kamen aus der ganzen Region zu uns", erzählt Schmitz.

Für die Drogerie an der oberen Kölner Straße gibt es keinen Nachfolger, aber für das Zubehör. "Ich werde es übernehmen", bestätigt Thomas Horn, Inhaber des Geschäftes "Vom Fass" ein Stück weiter die Straße hinunter in Richtung Fußgängerzone.

Das Ehepaar Schmitz will nun den Ruhestand genießen. Langeweile wird nicht aufkommen, dafür sorgen vier Enkel zwischen 13 und 22 Jahren. Und bis das 60 Quadratmeter große Ladenlokal ausgeräumt ist, wird es auch noch eine Weile dauern.

(gkf)
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