Leverkusen Der Bayer-Konzern geht in die Luft

Leverkusen · Zum 150-jährigen Bestehen wird der Leverkusener Bayer-Konzern mit einem Luftschiff durch die Welt reisen. Das Fluggerät bekommt eine Gondel und einen Motorantrieb, damit es steuerbar ist. Jetzt stehen erste Testfahrten an.

 Daten und Fakten zum "himmlischen Botschafter", wie Bayer seinen fliegenden "Sympathieträger" nennt.

Daten und Fakten zum "himmlischen Botschafter", wie Bayer seinen fliegenden "Sympathieträger" nennt.

Foto: Bayer

Mit der stationären Riesenreklame à la Medienfassade (Bayer-Hochhaus) hat es nicht geklappt. Jetzt baut Bayer an einer mobilen Werbung, zu der sich die Köpfe weltweit nach oben bewegen werden. Der Konzern schenkt sich zu seinem 150. Firmen-Geburtstag ein Luftschiff — oder wie die Mitarbeiterzeitschrift "direkt" titelte: einen "himmlischen Botschafter".

Das Luftschiff passt in die Zeit, in der auch Bayer entstanden ist — in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Elf Jahre, bevor Friedrich Bayer und Friedrich Westkott in Barmen (heute ein Stadtteil von Wuppertal) die Handelsgesellschaft "Friedr. Bayer et comp." gründeten, erlebte das erste Luftschiff, die "Giffard I", im September 1852 seine Jungfernfahrt. Das damals 44 Meter lange Schiff brachte es immerhin auf eine Geschwindigkeit von neun Stundenkilometern.

Bayers Geburtstagsschiff wird satte 40 Kilometer pro Stunde zurücklegen können — wenn der Bodenwind nicht mehr als 20 Kilometer pro Stunde, im Fachjargon zwölf Knoten, beträgt, dann darf das Luftgerät nicht aufsteigen.

Bis das blau-grüne 41 Meter lange Gefährt das erste Mal durch die Luft schwebt, waren viele fließige Hände am Werk, zum Beispiel die Näherinnen, die 800 Arbeitsstunden auf die Fertigung der schwierig zu nähenden Hülle verwandt haben. In der Zeit wurden 1300 laufende Meter Stoff und 560 Meter Stoff für die Leitwerke mit 2500 Metern Naht verarbeitet. Ein Stoff, aus dem Luftfahrt-Träume sind: 110 Gramm pro Quadratmeter leichtes Luftfahrt-zugelassenes Nylongewebe, das mit Silikon beschichtet ist. Was so leicht ist, das hätte wohl jede Frau auch gerne in ihrem Kleiderschrank für die unbeschwerte Abendgarderobe auf Erden. Vielleicht geht Bayer damit eines Tages noch in die Damenoberbekleidung... Oder besser gesagt Gefa-Flug, denn dass ist das Unternehmen, das für Bayer den Luftkreuzer baut.

Der soll bis zum 28. Februar, wenn Bayer zur Bilanzpressekonferenz ins BayKomm bittet, startklar sein — nicht nur die Hülle, sondern auch die Gondel, die unter dem Ballon mit dem aufgenähten Schriftzug "150 years Bayer — Science for a better life" hängt und freilich mit dem Bayer-Vorzeigekunststoff Makrolon ummantelt ist. Drinnen hat's Platz für den Piloten, die Co-Pilotin und zwei Passagiere.

Die gute Nachricht: Anders als im kleineren Open-Air-Heißluftballon-Korb gibt's hier Sitzplätze. Es werden aber wohl keine Sessel, denn breit ist die Gondel gerade mal 1,80 Meter bei zwei Metern Höhe und vier Metern Länge. Wie bei einem Heißluftballon wird der Auftrieb des Luftschiffs durch erhitzte Luft erreicht, der Vortrieb denn mit einem Propeller-Motor im Heck. Und: Der Pilot kann das luftfahrende Werbeplakat horizontal steuern — per Ruder mit Seilzügen. Die werden in diesem Monat bei der Probefahrt getestet. Es soll ja schließlich nicht nur bei der Premiere am 28. Februar alles klappen, sondern ab März dann bei der Bayer-Luftschiff-Welttournee. Die startet in Sidney über dem Opernhaus. Bis zum anderen Ende der Welt gelangt der Bayer-Botschafter der Lüfte aber nicht aus eigener Kraft, sondern schön verpackt im Frachtraum eines Flugzeugs. Von Tokio bis München, von Mailand bis New York soll die luftige Werbung in diesem Jahr zu sehen sein. "Die Wahl fiel auf ein Luftschiff, weil man es — anders als einen Ballon, der mit dem Wind treibt — steuern kann", begründet Bayer-Sprecherin Sonja Diewerge.

Sie ist zuständig für das Jubiläumsprojekt. Zur Seite steht ihr Wolfgang Hassa, Ingenieur bei der Firma Gefa-Flug in Aachen, dem Unternehmen, das Bayers Luftsschiff später auch steuert: "In Untersuchungen hat man festgestellt, dass Ballone und Luftschiffe einen hohen Sympathiewert haben." So soll's sein, wenn der Konzern zwecks Werbung in die Luft geht.

Der "150 Years"-Schriftzug wird nach dem Jubiläumsjahr übrigens entfernt. Danach dreht die Luftreklame weiter himmlische Runden — ob in Leverkusen und irgendwo anderswo auf Erden, wo ein Weltkonzern für sich werben will. Henri Giffard, Erfinder des ersten richtigen Luftschiffs 1852, hätte diese himmlische Wiederbelebung seiner Entwicklung zum Firmenjubiläum bestimmt beeindruckt.

(RP/ac/url)
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