Denkmalschutz Historischer Charme hat seinen Preis

Leverkusen · Denkmalschutz bewahrt Erinnerung, kann aber teuer werden. Die Schule Im Hederichsfeld wird Ende 2021 fertig.

 Gregor Schier und Jochen Simon (rechts) vom Fachbereich Denkmalpflege zeigen, wie das Gelände der Schule am Hederichsfeld früher mal aussah.

Gregor Schier und Jochen Simon (rechts) vom Fachbereich Denkmalpflege zeigen, wie das Gelände der Schule am Hederichsfeld früher mal aussah.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Ist das ein Denkmal oder kann das weg? Seit 1980 ist diese Frage in NRW gesetzlich geregelt. Staatliche Denkmalschützer prüfen auf dieser Grundlage, was erhaltenswert ist und auf die Denkmalliste gehört und was nicht. „Ein vielgeliebtes und vielgehasstes Thema, das polarisiert“, sagt die städtische Baudezernentin Andrea Deppe. Denn Denkmalschutz kann aufwendig und teuer werden.  Beim Pressegespräch in Opladen zeigte die Baudezernentin am Donnerstag gemeinsam mit ihren Mitstreitern drei Beispiele, darunter ein besonders kostspieliges.

Schulgebäude Im Hederichsfeld Diese Baustelle ist das Sorgenkind des Baudezernats. Vor vier Jahren startete die Sanierung, nun ist ein Ende in Sicht: Ende 2021, zwei Jahre länger als vorgesehen, sollen die Arbeiten beendet sein. Die Hauptschüler, die derzeit im Glaspalast der Realschule am Stadtwald untergebracht sind, können dann zurück nach Opladen in eine top-renovierte Schule. „Wir sind im Zeitfenster“, sagte Andrea Pesch, stellvertretende Leiterin des Fachbereichs Gebäudewirtschaft. Dieses Zeitfenster hatte sich immer wieder verschoben und mit ihm die Kosten vehement nach oben: Mit 18,6 Millionen Euro Gesamtkosten wird das Projekt nun 6,5 Millionen Euro teurer als geplant. 80 Prozent der Summe ist durch Fördergeld des Landes gedeckt. Das 1913 errichtete Gebäude im Stil des „Bergischen Barock“ wurde 1987 in die Denkmalliste der Stadt eingetragen. Im Verlauf der Bauarbeiten waren die Planer auf immer wieder neue „Überraschungen“ gestoßen, die sie vor neue Aufgaben stellten. Besonders die Decken wiesen so viele Schäden auf, dass eine komplette Grundsanierung zur Stabilisierung der Rohbaustatik nötig wurde. Der Dachstuhl war in erbärmlichem Zustand.Für Dezernentin Deppe lohnt sich der besondere Aufwand dennoch: „Der Denkmalschutz sichert auch nachfolgenden Generationen Gebäude mit Charme und Geschichte. Speziell mit diesem Schulgebäude haben wir mit dem Abschluss der Arbeiten ein Kleinod für Opladen mit einem geschichtsträchtigen und stadtteilprägenden Bau erhalten.“

 Die Baustelle Im Hederichsfeld vom Dach des Verwaltungsbaus am Goetheplatz betrachtet. 

Die Baustelle Im Hederichsfeld vom Dach des Verwaltungsbaus am Goetheplatz betrachtet. 

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Evangelisches Kirchenzentrum Humboldtstraße

 „Kirchen sind  ein Hauptthema des Denkmalschutzes“, sagt Gregor Schier von der Abteilung Denkmalpflege der Bauaufsicht.  Gemeinden schrumpfen, Gebäude stehen leer. Für die Bauplaner beginnt der Spagat zwischen fachgerechter Erhaltung nach den Vorgaben  des Denkmalschutzes und Funktionalität für eine neue Nutzung. Im Fall des Kirchenzentrums ist das sichtlich gelungen. Das Gebäude, das die evangelisch-lutherische Gemeinde 2009 aufgab und das abgerissen werden sollte, stellten Denkmalpfleger unter Schutz. 2010 übernahm die evangelisch-freikirchliche Gemeinde das Bauensemble mit Kopfbau (1929), Saal (1946) und Turm (1955) und sanierte es nach seinen Bedürfnissen. Architektonisch von besonderem Wert in dem äußerlich eher unscheinbaren Gebäude sind vor allem der markante Saal mit Empore.

 Der Kirchenraum an der Humboldtstraße. Die evangelisch-freikirchliche Gemeinde ist hier zu Hause. 

Der Kirchenraum an der Humboldtstraße. Die evangelisch-freikirchliche Gemeinde ist hier zu Hause. 

Foto: Bernd Bussang/Bernd Bussnag

Eisenbahnersiedlung Opladen

 Auch die Doppelhäuser an der Bahnallee stehen unter Denkmalschutz. Früher waren dort höhere Beamte der Eisenbahn untergebracht.   

Auch die Doppelhäuser an der Bahnallee stehen unter Denkmalschutz. Früher waren dort höhere Beamte der Eisenbahn untergebracht.   

Foto: Bernd Bussang

Das Ausbesserungswerk ist 2003 verschwunden. Viele alte Häuser der Eisenbahner stehen noch. Die Opladener Eisenbahnsiedlung (1903-1914), die sich nördlich an die Neustadt und westlich an die Bahnstrecke anlegt, steht als Ensemble komplett unter Denkmalschutz. Es sollte dringend benötigte Facharbeiter für das Werk anlocken und neuen Wohnraum in der Stadt schaffen. Zwischen 1902 und 1910 hatte sich die Einwohnerzahl Opladens von 4570 auf 9390 mehr als verdoppelt. Für Beamte entstanden an der Bahnallee bis 1906 großzügig angelegte Doppelhäuser.  Im Zuge der umfänglichen Veränderungen in der Neuen Bahnstadt ist die Siedlung steingewordene Erinnerung an die Zeit des alten Eisenbahnwerks und das Leben  der Menschen. Nicht von ungefähr spricht Stefan Karl, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Stadtplanung von einem „besonderen Ensemble für die Stadt“, das in der Region seinesgleichen suche.

Denkmal ist übrigens nicht gleich Denkmal. Es kann etwa auch eine alte Fahne oder ein Kirchenbuch sein. Oder eine ganze Siedlung wie die Kolonien von Bayer in Wiesdorf. Die Bandbreite erklärt Jochen Simon vom Fachbereich Denkmalpflege:

Baudenkmäler Dabei handelt es sich um alte, schützenswerte Gebäude wie Fachwerkhäuser, Kirchen und Schulen.

Bodendenkmäler Sie unterscheiden sich von gemauerten Objekten. Beispiele: der Mühlengraben an der Reuschenberger Mühle, vorgeschichtliche Grabhügel im Bürgerbusch und der Kirchhof St. Aldegundis.

Bewegliche Denkmäler Das sind in Leverkusen die Fahne des Kirchenchors Hitdorf von 1877, die Fahne des Kriegervereins Lützenkirchen von 1890 und das Bürriger Messbuch von 1340.

Das Kleinste Die Höhenmarke an St. Remigius von 1895

Das Größte Die Kolonien 1 und 2 der früheren Bayer-Siedlungen in Wiesdorf.

Das Älteste Der Keller der Burg Ophoven aus dem 14. Jahrhundert (undatiert). Das älteste datierte Denkmal ist das Fachwerkhaus von 1561 an der Burscheider Straße 329.

Das Jüngste Das Forum (1969)

„Unbequeme Denkmäler“ Jene, die an die Nazi-Zeit erinnern, wie Bunkeranlagen oder das Kriegerdenkmal am Rheindorfer Deich.

Erster Eintrag Die Nummer eins auf der Denkmalliste der Stadt ist das Schloss Morsbroich.

Bei der Festlegung der Schutzwürdigkeit spielen ästhetische Aspekte keine Rolle. Entscheidend ist die Bedeutsamkeit für die örtliche Entwicklungsgeschichte  und für eine abgeschlossene Epoche der Architektur.  

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