Hochwasserschutz in Leverkusen Größter Feind des Deiches ist das Kaninchen

Rheindorf · Seit 111 Jahren unterhält der Deichverband die Schutzanlagen für Rheindorf und Bürrig. Nicht jeder Anlieger weiß, dass er Mitglied ist.

 Blick aus der Vogelperspektive: Der Rheindorfer Deich schützt Rheindorf und Bürrig mit ihren Wohngebieten vor den Folgen des Hochwassers. Die Autobahn 59 (rechts) ist auf ihm errichtet worden und markiert seinen Verlauf. Das Foto entstand vor einigen Tagen. Das Deichvorland lag da noch weitgehend trocken. Inzwischen steigt der Rheinpegel an.

Blick aus der Vogelperspektive: Der Rheindorfer Deich schützt Rheindorf und Bürrig mit ihren Wohngebieten vor den Folgen des Hochwassers. Die Autobahn 59 (rechts) ist auf ihm errichtet worden und markiert seinen Verlauf. Das Foto entstand vor einigen Tagen. Das Deichvorland lag da noch weitgehend trocken. Inzwischen steigt der Rheinpegel an.

Foto: Marcel Dörder

An diesem Tag ist das Wetter rau und fast schon nordisch. Kühl pfeift der Wind über das Deichvorland und bewegt die kahlen Äste der Bäume. Die Wiesen schimmern sattgrün unter grauem Himmel. Wie verlorene Wehrtürme stehen die Pumpstationen von Bayer auf trockenem Grund. Der Rhein liegt ruhig in seinem Bett. Von Hochwasser keine Spur, doch könnte es bald schon kommen, wenn in den fernen Bergen die Schneeschmelze einsetzt. Dass es Rheindorf und Bürrig nicht überfluten kann, dafür sorgen Deiche, die so konstruiert sind, dass sie auch einem 200-Jahr-Rekordhochwasser standhalten würden.

Auf einer Länge von 14 Kilometern sichern sie die beiden Leverkusener Stadtteile vor dem flutenden Wasser von Wupper und Rhein. Insgesamt sind es vier Deiche, erklärt Deichhauptmann Heiner Pohlmann: Der Wupperdeich reicht von der A 59 bis zur Wupperstraße inklusive dem Deichtor. Der Rheindeich von der A 59 bis zur Unterstraße, der Mühlengrabendeich von der Rheindorfer Straße bis kurz vor der Reusrather Mühle. Der Dhünndeich verläuft beidseitig des Flusses bis hin zum alten Wuppermanngelände.

Zuständig für den Erhalt und wenn nötig für den Ausbau der Deiche ist der Deichverband – und das bereits seit 111 Jahren. Im Gründungsjahr 1908 lebten am Rhein fast ausschließlich Bauern. Deren Felder und Wiesen wurden regelmäßig überschwemmt, die Höfe waren dem Wasser schutzlos ausgeliefert, die Hochwasserschäden bedrohten mitunter die Existenz der Landwirte. Mit dem Beginn des Deichbaus wuchs deren Sicherheit.

 Blick auf den Wupperdeich kurz vor der Mündung. Das Gebiet ist ein beliebtes Ausflugziel für Radler, Spaziergänger und Hundefreunde. 

Blick auf den Wupperdeich kurz vor der Mündung. Das Gebiet ist ein beliebtes Ausflugziel für Radler, Spaziergänger und Hundefreunde. 

Foto: Marcel Dörder

Immer neue Hochwasser, etwa 1920/21 oder das Jahrhunderthochwasser 1925/26, führten dazu, dass die Deiche immer weiter erhöht und verstärkt wurden. Zuletzt musste der Deich an der Unterstraße in Rheindorf aufgestockt werden. Kosten: 308.000 Euro. Der Grund: Die Kölner hatten auf ihrer Rheinseite die Deiche ausgebaut und eine mobile Schutzanlage errichtet. Dadurch erhöhte sich der Wasserfluss auf die Leverkusener Seite.

Auch die Deichpflege ist aufwendig. Deichhauptmann Pohlmann macht regelmäßige Kontrollgänge auf dem Deich, einmal im Jahr ist Deichschau mit Experten der Bezirksregierung. Der Deichhauptmann zeigt auf ein Kaninchenloch mitten im Deich. „Das Kaninchen ist der größte Feind der Deiche“, sagt er mit einem Grinsen. Doch tatsächlich: Bleiben die Buddelaktivitäten der Kleintiere unbemerkt und werden sie nicht unterbunden, können sie Deiche auf lange Sicht zum Einsturz bringen. Deshalb lassen die Deichwächter nagersichere  unterirdische Gitternetze aus bissfestem Kunststoff einbauen, die die Wühl- und Buddellust der Kaninchen unterbinden. Weitere „Störfaktoren“ können Bäume sein, die das Erdreich durch ihre Wurzeln lösen.

 Deichhauptmann Heiner Pohlmann sorgt für die Sicherheit.

Deichhauptmann Heiner Pohlmann sorgt für die Sicherheit.

Foto: Marcel Dörder

 Anfänglich wurden die Kosten des Deichbaus und der Unterhaltung auch mit auf die Anlieger umgelegt. „Meine Oma musste damals noch zahlen“, erinnert sich Pohlmann. Das ist heute anders. Die Mitgliedschaft im Deichverband ist gebührenfrei. Der Verband finanziert sich aus Rücklagen aus vormaligen Grundstücksverkäufen sowie einem Jahreszuschuss der Stadt in Höhe von 100.000 Euro. „Wir sind eine Körperschaft öffentlichen Rechts und unterstehen allein der Bezirksregierung“, erklärt Pohlmann. Als früherer Diplomingenieur arbeitet der Rentner ehrenamtlich für den Deichverband. Den städtischen Zuschuss findet er angemessen. Denn schließlich profitierten von den Deichen, die teilweise auch als Fahrradrouten genutzt werden, und ihrem Freizeitwert nicht nur die direkten Anlieger.

Dass all jene Grundstückseigentümer, die durch die Deiche geschützt sind, zwar automatisch Mitglieder sind, aber nicht zahlen müssen, erklärt womöglich, dass längst nicht alle wissen, dass sie überhaupt Mitglieder sind. Dazu gab es jüngst Kritik eines Anliegers. Bürgerlisten-Chef Erhard Schoofs hatte sich darüber beschwert und auch darüber, dass Mitglieder nicht per Postsendung zu Versammlungen eingeladen werden. Deichhauptmann Pohlmann widerspricht und verweist auf die geltende Verbandssatzung. Darin sei klar festgelegt, dass Einladungen etwa zur alle fünf Jahre erfolgenden Wahl des Deichausschusses über Ankündigungen in mindestens zwei Tageszeitungen erfolgen müssten.

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