Gespräch mit dem Oberbürgermeister Richraths „Masterplan“ für 2020

Leverkusen · Die Gewerbesteuersenkung sieht der Oberbürgermeister als Unabhängigkeits-Garantie für Leverkusen. 2020 tritt er wieder als OB-Kandidat an und hat vieles vor. Im RP-Gespräch skizziert er seinen Plan.

 Uwe Richrath hat eine Vision: Ein „Central Park“ für Leverkusen. Beim Redaktionsgespräch im Opladen skizzierte er weitere Projekte, die auf seiner Agenda stehen. 

Uwe Richrath hat eine Vision: Ein „Central Park“ für Leverkusen. Beim Redaktionsgespräch im Opladen skizzierte er weitere Projekte, die auf seiner Agenda stehen. 

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Wohin steuert Leverkusen? Der  Stadthaushalt ist ausgeglichen, ab 2020 muss die Schuldenstadt wieder ohne Landeszuschüsse zum Haushalt auskommen. Eine massive Gewerbesteuersenkung soll alte und neue Unternehmen locken. Oberbürgermeister Uwe Richrath hat 2019 einiges erreicht, anderes ist liegen geblieben. Bei der City C herrscht von außen betrachtet Stillstand, ebenso bei der Entwicklung von Schloss Morsbroich. Zu Beginn des Kommunalwahl-Jahres fragten wir den Chef der Stadtverwaltung nach seiner Bilanz, aber auch nach Zielen und Ideen für das neue Jahr. 2020 will Richrath erneut als OB-Kandidat für die SPD antreten. Das ist sein „Masterplan“ für unsere Stadt:

1000 Wohnungen – versprochen, gehalten?

Bei seinem Amtsantritt hatte Richrath den Leverkusenern 1000 Wohnungen versprochen. Hat er geliefert? „Nach jetzigem Stand sind es 1500 Wohnungen, bis zum Ende meiner Amtszeit könnten es noch 1600 bis 1700 werden“, sagt Richrath. Politische Kritiker wie der grüne OB-Kandidat Stefan Baake rechnen Leverkusens Wohnungsboom nicht Richrath an. Der widerspricht. Er habe den Wohnungsbau konsequent vorangetrieben, die  Verwaltung so ausgestattet, dass Baugenehmigungen schneller erfolgten. Richrath verweist zudem auf die große Bautätigkeit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft (WGL). Und: „Die beiden Leverkusener Baugesellschaften sorgen weiter mit dafür, dass die Mietpreise in Leverkusen etwa im Vergleich zu Köln moderat bleiben.“

Senkung der Gewerbesteuer  –  Richraths Coup?

„Die Gewerbesteuersenkung sichert die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Stadt“, so verteidigt Richrath die von ihm initiierte Rats­entscheidung, den Hebesatz auf 250 Punkte zu senken und so nahezu zu halbieren. Damit zog sich Leverkusen den Unmut vieler rheinischer Nachbarstädte zu. Dass der Haushalt 2020 dennoch ausgeglichen bliebt, ist nur so erklärbar, dass neue oder vormalige Gewerbesteuerzahler angeworben wurden und in die Schätzung einflossen. Richraths Verwaltung sagt dazu nichts und verweist auf das Steuergeheimnis. Ausdrücklich spricht der Verwaltungschef von einem „Gemeinschaftsprojekt“ von Stadtrat, der das Vorgehen mit großer Mehrheit beschlossen hatte, Kämmerei und ihm selbst. „So muss es sein“, sagt Richrath. Eine mögliche Blaupause für künftige Richtungsentscheidungen?  Die Befürchtung, dass sich nun auch andere Kommunen für eine Steuersenkung entscheiden und  Leverkusen womöglich noch deutlich unterbieten, hat Richrath nicht. Nach Steuergesetz sei eine Absenkung nur bis 200 Punkte möglich.

2020 – es wird weiter investiert

Die Schuldenstadt investiert weiter. „Wir stecken rund 30 Millionen  Euro in die Sanierung von Schulgebäuden“, sagt der OB. Auch die Kitas würden weiter ausgebaut, Großbauprojekte wie etwa das alte Postgelände gingen an den Start. Ein wichtiges Vorhaben sei die Zentralisierung der Verwaltung. „Die Verwaltung ist räumlich zerfleddert, das kostet Zeit und Geld.“ Richrath will die bisherigen 13 Standorte auf drei oder vier konzentrieren. Dazu hatte die Stadt das Elberfelder Haus an der unteren Hauptstraße angekauft, wo die Stadt bisher Mieter war, hinzu kommen bestehende Standorte wie das Wiesdorfer Rathaus und der Goetheplatz in Opladen, möglicherweise noch die City C, die Richrath weiterhin als möglichen Verwaltungsort sieht.

Mobile Stadt  –  ein weiter Weg

Das städtische Mobilitätskonzept liegt Richrath am Herzen. Zugleich weiß er um die Schwierigkeiten bei der Umsetzung. „Wir müssen klare Akzente setzen: Runter vom individuellen Fahren, rein in ein vernetztes Verkehrsverhalten.“ Dabei setzt Richrath vor allem auf den öffentlichen Nahverkehr, also auf die Wupsi. Sie sei ein traditioneller Personenförderer mit langjähriger Erfahrung, über den sich neue Angebote wie Leihräder oder Car-Sharing anbinden lassen. Dabei müsse aber die Reihenfolge stimmen. Von überstürzten Umbauten zu Lasten der Autofahrer  hält der wenig:  „Wir sind mitten im Wandel und müssen zunächst alternative Angebote schaffen, erst danach kann ich den Straßenraum aufräumen und neu verteilen.“ Verkehrsprobleme, so ist er überzeugt, lassen sich auf Sicht nur regional lösen. Dazu bedürfe es einer engen Vernetzung mit den Nachbarkommunen.  Schnellbuslinien, Park & Ride-Plätze an der Peripherie, schnelle und digitale Infos über Apps, bessere Verkehrsleitung auf den Autobahnen – das seien mögliche und wirkungsvolle Maßnahmen.

Stillstand in der City C?

Das will Richrath so nicht bewerten. Eine Projektagentur erarbeite derzeit ein Konzept für die City C. Mit ersten Ergebnissen sei Mitte 2020 zu rechnen. Richrath hatte im Kern eine Verwaltungslösung vorgeschlagen, der Politik war das zu wenig. Nun suchen die externen Entwickler einen neuen Weg, der etwa auch Wohnen und Gewerbe stärker einbezieht.

Schloss Morsbroich im Dornröschenschlaf?

Nachdem ein Bewerber für die Museumsleitung kurzfristig abgesagt habe, gebe es derzeit Gespräche mit einem weiteren Kandidaten. Ebenso soll die Stelle eines  Kultur- und Eventmanagers zeitnah besetzt werden. Richrath hat die Erweiterung des Museums durch einen Zubau auch nach dem Ausstieg des Museumsvereins und dem Rückzug seiner Spender  nicht aus den Augen verloren. Er bliebt zuversichtlich, das nötige Geld zumindest teilweise über eine öffentliche Förderung im Zuge der „Regionale 2025“  einzunehmen. Die Stadt Leverkusen ist „privilegierte Partnerstadt“ und bringt das Morsbroicher Schloss als Regionale-Standort ein. „Das Schoss hat eine starke kulturelle Handschrift für die Region“, sagt Richrath. „Wir haben eine Perspektive.“

„Central-Park“ über der Autobahn

Politik braucht Visionen, ist Richrath überzeugt. Er hat eine: Ein „Central-Park“ auf dem Tunneldeckel einer neuen Autobahn 1, durch die die Stelze verschwinden und Platz machen soll für eine „grüne Insel“, die sich von der Stadtmitte hinunter an den Rhein zieht. Richrath will dazu Fördergeld von Bund und Land einwerben. „Die Stadt ist immens belastet durch den Autobahnbau, dafür sollten wir was zurück erhalten.“

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