Chemie in Dormagen Currenta-Drama betrifft auch Dormagen
Leverkusen/Dormagen · Die katastrophale Explosion in der Müllverbrennungsanlage in Leverkusen sorgt für Engpässe bei der Entsorgung. Denn nun fällt die Rückstandsverbrennungsanlage im Dormagener Chempark ebenfalls aus.
Der Schock über die verheerende Explosion in der Müllverbrennungsanlage des Chemparks in Leverkusen mit mehreren Toten sitzt bei den Mitarbeitern des Chempark-Betreibers Currenta auch mehr als drei Monate nach dem schweren Unglück noch tief. Neben den menschlichen Folgen der Tragödie treten nun auch die wirtschaftlichen und organisatorischen Auswirkungen zutage. Und die betreffen auch den Chempark in Dormagen.
Dort befindet sich die sogenannte Rückstandsverbrennungsanlage (RVAD) von Currenta. Nach dem Ausfall der Anlage in Leverkusen war sie die einzig verbliebene große Entsorgungseinrichtung in den Chemparks. Doch die fällt nun ebenfalls für längere Zeit aus. Wie Currenta mitteilt, geht die Anlage ab Donnerstag, 11. November, in die planmäßige Revision, die nach Unternehmensangaben einmal jährlich stattfindet. „Für rund fünf Wochen werden in diesem Zeitraum umfangreiche Wartungsarbeiten insbesondere am Drehrohrofen und dem Abhitzekessel durchgeführt“, berichtet Currenta-Sprecher Maximilian Laufer. Alle Anlagenteile würden eingehend überprüft, Tauschteile würden turnusgemäß gewechselt. Die Maßnahme sei langfristig geplant und mit den zuständigen Behörden koordiniert. Currenta-CEO Frank Hyldmar schildert, was das bedeutet: „Die Situation bei der Abfallentsorgung ist seit dem Ereignis im Tanklager unserer Verbrennungsanlage in Leverkusen ohnehin angespannt. Sie verschärft sich durch die Revision in Dormagen.“
Denn die Sonderabfallverbrennungsanlage in Leverkusen ist derzeit noch nicht wieder in Betrieb. Ein Großteil der bei der Produktion im Chempark anfallenden Abfälle konnte bislang über das Entsorgungsnetzwerk mit externen Partnern und in der Dormagener Anlage entsorgt werden. Nun bleibt nur noch das Entsorgungsnetzwerk übrig. Und das, so berichtet Currenta, wirkt sich auf die Entsorgungskapazitäten für bestimmte Kunden des Unternehmens aus, einzelne Betriebe könnten in ihrer Produktion beeinträchtigt werden. Dazu gehört zum Beispiel Lanxess: Der Spezialchemiekonzern leide unter den Folgen des Unfalls im Chempark Leverkusen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Die Explosion, bei der Ende Juli sieben Menschen ums Leben gekommen waren, führe zu Produktionsrückgängen im Schlussquartal, weil die Entsorgung bislang noch nicht gesichert sei.
Currenta arbeitet nach eigener Aussage eng mit den Kunden zusammen, um im jeweiligen Einzelfall Entsorgungslösungen zu finden. „Uns ist bewusst, dass diese Situation für die betroffenen Kunden schwierig ist. Umso wichtiger ist uns, gemeinsam mit ihnen zuverlässige und sichere Entsorgungswege zu finden“, betont Currenta-COO Hans Gennen.
Die Rückstandsverbrennungsanlage in Dormagen beseitigt laut Currenta-Sprecher Laufer Reststoffe, die bei der chemischen Produktion anfallen. Was die Anlage leistet, hat das Unternehmen auch auf seinen Internetseiten veröffentlicht. Demnach sind in der RVAD in 25 Jahren etwa 1,5 Millionen Tonnen Sonderabfall „sicher und umweltgerecht“ entsorgt worden. Dabei konnten laut Currenta 6,75 Millionen Tonnen 30-bar-Dampf gewonnen und ins Chemparknetz eingespeist werden. „Auf diese Weise sparen wir fossile Brennstoffe und leisten mit 1,1 Millionen Tonnen verhinderten Kohlendioxidemissionen im Vergleich zu einem Gas-Kraftwerk einen messbaren, aktiven Beitrag zum Klimaschutz“, betont Uwe Listner, der RVAD-Betriebsleiter.
Um die immer höheren Umweltstandards einzuhalten, werde kontinuierlich in die RVAD investiert. Dafür sind für die nächsten Jahre mehr als 10 Millionen Euro eingeplant. Zum einen will Currenta (zum Beispiel durch die weitere Optimierung der Waschwasserreinigung) die anfallende Abwassermenge halbieren – von täglich 680 auf unter 400 Kubikmeter. Zum anderen sind nach Unternehmensangaben Investitionen für die Modernisierung der Gebindeentsorgung vorgesehen.