Kultur ist sicher! Aber wie lange noch? „Kultur ist das, was Gesellschaft trägt“

Leverkusen · Kultur ist sicher! Aber wie lange noch? Kulturschaffende aus der Stadt haben einen stummen Aufruf in die Welt geschickt. Die erneute Schließung trifft manchen hart.

 Die Kampagne „Kultur ist sicher“ von Stadtkultur, Bayer-Kultur, freier Szene und Kulturpolitik soll auf die Probleme durch den Lockdown aufmerksam machen.

Die Kampagne „Kultur ist sicher“ von Stadtkultur, Bayer-Kultur, freier Szene und Kulturpolitik soll auf die Probleme durch den Lockdown aufmerksam machen.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Kultur ist sicher! So steht es auf den Plakaten, die Leverkusener Kulturmacher in die Kamera halten. Dass Susanne Wedewer-Pampus, Vorsitzende des Kunstvereins Leverkusen, ihr Schild bei der ersten Fotorunde falsch herum hielt, sei ein Versehen gewesen, sagt sie. Es hätte ebenso als Statement verstanden werden können, denn tatsächlich steht die Kultur längst Kopf, und manchen geht es im November richtig an den Kragen. Roswitha Arnold, Kulturausschuss-Vorsitzende, und Thomas Helfrich, Leiter der Bayer Kultur, haben zu einer Aktion aufgerufen, an der sich auch Vertreter der freien Szene aus möglichst allen Sparten beteiligten.

Die erneute Schließung von Museen, Theatern und Konzerthäusern während des November-Lockdowns trifft sie alle, wenn auch unterschiedlich hart. Im Erholungshaus setzten sie am Freitag ein sichtbares Zeichen, appellierten an einen stärkeren Zusammenhalt ohne eine konkrete Forderung zu formulieren. Im Gegenteil zeigten die meisten Verständnis dafür, dass angesichts schnell steigender Infektionszahlen etwas getan werden müsse, allerdings sollte es das Richtige sein. „Die Notwendigkeit eines Lockdowns verstehen wir und tragen wir mit“, versicherte Arnold für die Kulturpolitik. Doch sei zu befürchten, dass die Zahlen nach einer Lockerung zur Weihnachtszeit im neuen Jahr wieder hochgehen und sich das Prozedere wiederholt. „Kultur ist mehr als nur ein Freizeitvergnügen. Kultur ist das, was Gesellschaft trägt.“ Das wissen alle, die sich dort versammelt hatten, sowieso.

Die momentane Situation unterscheide sich deutlich vom Shutdown im März, denn inzwischen haben Veranstalter, Theater und Museen ein tragfähiges Hygienekonzept umgesetzt und bei der Auslastung erhebliche Zugeständnisse gemacht  – alles zum Schutz für Besucher, Künstler und das übrige Personal. „Wir können keine Forderungen stellen“, betonte Thomas Helfrich. Es gehe darum zu zeigen, dass Kunst und Kultur nicht nur etwas für gute Zeiten sei, sondern wichtiger Bestandteil des Zusammenlebens  – und der Bildung, wie er später hinzufügte. Gesellschaftlich und politisch aber zählt sie nicht zum Bereich Bildung, sonst würden andere Maßstäbe gelten.

Für den Berufsstand der soloselbständigen Künstler ist das Herunterfahren eine komplette Katastrophe. Während Stadt und Bayer vielleicht eine längere Durststrecke überstehen können und Vereine, die auf das Ehrenamt bauen, mit Überbrückungshilfen überleben können, können Künstler nicht mal erfolgreich Hartz IV beantragen und müssen aufgrund niedriger Jahreseinnahmen fürchten, auch noch aus der Künstlersozialkasse zu fliegen.

„Profi-Musiker dürfen nicht arbeiten“, beschwert sich Musiker Martin Ehrhardt, nicht einmal in kleinen Ensembles mit entsprechendem Abstand proben. Ganz anders als übrigens in Italien oder auch im Profi-Fußball. In Museen oder bei geordneten Kulturveranstaltungen würde sich niemand anstecken, meint Ehrhardt. Viel gefährlicher sei dagegen die Verlagerung in den privaten, unkontrollierbaren Bereich.

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