Neujahrsempfang der Sparkasse Digital-Professor bittet zum Tanz mit "Alexa"

Leverkusen · Zwei Frauen haben am Donnerstag den Abend beim Neujahrsempfang der Stadtsparkasse in Leverkusen bestimmt: Friederike und Alexa.

Neujahrsempfang der Sparkasse in Leverkusen
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Foto: Uwe Miserius

Der Orkan Friederike hatte aber nicht verhindern können, dass sich rund 500 geladene Gäste pünktlich einfanden, und sorgte zugleich für reichlich Gesprächsstoff. "Wie schön, dass eine Frau Sie nicht aufhalten konnte", sagte Sparkassen-Chef Rainer Schwarz zur Begrüßung. Über "Alexa" - so heißt der internetbasierte persönliche Assistent mit Lautsprecherfunktion von Amazon - fand Schwarz den Übergang zum Thema des Abends, der Digitalen Revolution, und zum Gastredner, Klemens Skibicki.

Der Wirtschaftshistoriker, Marketingexperte und Unternehmensberater ist Professor an der Cologne Business School und berät seit 2013 auch das Bundeswirtschaftsministerium. "Seit ich Alexa habe, habe ich erstmals eine Freundin, die mir zuhört", sagte der Digitalexperte. Die Echo-Box ist so groß wie eine Küchenrolle, und sie könnte für Amazon das werden, was für John D. Rockefeller das Ölkännchen war.

Der amerikanische Ölmagnat und Tycoon verschenkte damals Öllämpchen, um sein eigentliches Geschäft anzukurbeln, die Ölförderung. Und auch bei Alexa geht es nicht um eine wohlklingende Frauenstimme aus einer Plastikbox, es geht um Daten. "Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts", sagte Skibicki. In einem mit vielen verblüffenden Fakten gespickten Vortrag dauerte es anderthalb Stunden, bis der Wirtschaftsprofessor auch mit Hilfe projizierter Bilder ein facettenreiches Revolutionsgemälde des digitalen Zeitaltes entwarf. Sein Fazit mit Blick auf den Standort Deutschland ist ernüchternd: Wir werkeln herum, aber gehen den Wandel nicht massiv an, wir nehmen Beruhigungspillen." Eine Standortstrategie für den Übergang ins digitale "Neuland" sei nirgendwo in Sicht. Skibicki: "Wir sitzen auf der Titanic und sehen den Eisberg vor uns."

Viele Fakten sprechen gegen Deutschland: Bei der Glasfaserversorgung sind wir weit hinten, bei der Netzschnelligkeit liegen wir weltweit nur auf Platz 25. Von 230 sogenannten "Einhörnern" - das sind Start-ups mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar Umsatz - kommen gerade mal vier aus Germany. "Im Moment erobern andere das Neuland", merkte der Gastredner an. Die Eroberer kommen aus China und den USA. "Die fünf reichsten Amerikaner sind Selfmade-Millionäre, die fünf reichsten Deutschen sind Erben." Doch der Weg von der klassischen Wertschöpfungskette des Industriezeitalters zur digitalen Netzwerkökonomie bietet auch Chancen.

Wer digitale Daten sinnvoll nutzt, Marketing vom Menschen und nicht vom Produkt her denkt, kommt näher ran an den Kunden. "Da können wir von den Amis lernen." Das Internet als große, quirlige Tanzfläche, der Produktmanager als DJ, der Bedürfnisse, Trends, Stimmungen aufnimmt und im passenden Moment die richtige Musik auflegt: "Wir müssen schauen, ob die Leute tanzen." So betrachtet könne aus dem Zeitalter der Maschinen eine neue Epoche der "Empathie" werden, war Skibicki überzeugt. Die stürmische Friederike ist verschwunden, die smarte Alexa bittet zum Tanz - das neue Jahr beginnt mit Schwung.

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