Berufswahl Zwei Chemikantinnen „auf Schicht“

Leverkusen · Nadja Nikolai und Juliane Jaskolka sind zwei der wenigen Frauen, die in Covestros Chlorfabrik als Chemikantinnen tätig sind. Warum sie sich für einen vermeintlichen Männerberuf entschieden habe, erzählen sie beim Ortstermin.

 Nadja Nikolai und Juliane Jaskolka (r.) sind mit Leib und Seele Chemikantinnen, zwei von insgesamt dreien in der Chlorfabrik von Covestro in Leverkusen.

Nadja Nikolai und Juliane Jaskolka (r.) sind mit Leib und Seele Chemikantinnen, zwei von insgesamt dreien in der Chlorfabrik von Covestro in Leverkusen.

Foto: Covestro AG/Michael Rennertz/territory

Nadja Nikolai und Juliane Jaskolka haben sich für einen Beruf entschieden, in dem Frauen deutlich in der Unterzahl sind. Sie sind zwei von insgesamt drei Chemikantinnen in der Chlorfabrik von Covestro in Leverkusen.

Ein anspruchs- und verantwortungsvoller Job, den die beiden 23-Jährigen mit Leidenschaft ausüben. Betriebsleiter Richard Malchow würde sich über mehr weibliches Personal freuen, denn: „Frauen bringen sehr gute Eigenschaften mit, gewinnbringend für das ganze System. Sobald Frauen auf Schicht sind, verändern sich das Gefüge und der Umgang untereinander.“

Tatsächlich ist es ein ungewöhnliches Bild, zwei zierliche junge Frauen in Arbeitskleidung zu sehen, im dunklen Overall, mit Schutzbrille auf der Nase, den weißen Helm auf dem Kopf und den klobigen Sicherheitsschuhen an den Füßen. Die Vorstellung, dass diese Frauen an schweren Schrauben drehen und Anlagen bedienen, fällt schwer. Doch wenn Nikolai und Jaskolka anfangen über ihre Tätigkeit zu berichten, verfliegt das Vorurteil.

„Ich habe mich bewusst für diese Ausbildung entschieden“, sagt Nikolai, „weil ich Interesse an Chemie und Technik habe, und weil es mir wichtig ist, mit meinem Beruf meine Existenz sichern zu können. Das ist hier möglich, denn die Chemische Industrie wird es immer geben.“

Alles beginnt in der sogenannten Messwarte, einer Art Schaltzentrale, in der mehrere Mitarbeiter vor Bildschirmen sitzen. Darauf zu sehen ist eine Zeichnung der Anlage, mit den zahlreichen Ventilen und entsprechender Überwachung. In der Chlorfabrik wird Kochsalz (Natriumchlorid) mittels Elektrolyse gespalten. Endprodukte sind Chlorgas, Wasserstoff und Natronlauge, wichtige Elemente der Chemieindustrie, die sich in Produkten des täglichen Gebrauchs wiederfinden.

Für ihre Herstellung werden keine Deckel gehoben, sondern Ventile, zum Druckausgleich aufgeschraubt oder verschlossen. Über das Prozessleitsystem lässt sich die Anlage per Computer überwachen. Trete eine der seltenen Fehlermeldungen auf, seien die Chemikantinnen gefordert, sagen sie: „Dann müssen wir raus an die Anlage, um selbst Hand anzulegen“, berichtet Nikolai. Der beste Teil ihres Jobs, wie sie findet. „Ich mag die Herausforderungen, neue Lösungen zu finden. Hier ist kein Tag wie der andere.“

Das vollautomatische System ist so ausgerichtet, dass es möglichst wenige Handeingriffe benötigt. Den Chemikanten vor Ort braucht es dennoch, betont Betriebsleiter Malchow: „Er ist wichtig und muss nachvollziehen können, ob das System richtig reagiert – und wenn nicht, was getan werden kann, um das Problem zu beheben.“ Ein technisches Verständnis ist daher unerlässlich.

Neben der fachlichen Kompetenz verlangt der Job als Chemikant je nach Einsatzgebiet auch die Bereitschaft, im Schichtdienst zu arbeiten. Für Jaskolka und Nikolai kein Problem. „Sicher ist das am Anfang schwer, wenn man Spätschicht hat und am Wochenende nicht mit den Freunden um die Häuser ziehen kann“, erzählt Juliane Jaskolka. Andererseits biete die Schichtarbeit auch Vorteile, nicht nur finanzielle. „Man kann besser seine Termine legen, wie etwa Arztbesuche. Während der Spätschicht hat man auch nicht so viel Verkehr auf der Straße, und alle fünf Wochen bekommen wir eine Woche frei, die man super für einen Kurzurlaub nutzen kann.“

Weiterbildungsmöglichkeiten – etwa zum Meister – werden bei Covestro gefördert. Wichtig sei es, sagen die beiden Chemikantinnen, den Beruf vor einer Entscheidung kennen zu lernen. „Ich hatte vorher auch ein anderes Bild davon“, gibt Nikolai zu. Ihr half am Ende der Tag der offenen Tür im Chempark. Den Blick hinter die Kulissen gibt es alle drei Jahre. Am kommenden Wochenende ist es wieder so weit. Dann gibt es unter anderem auch Informationen über den Beruf des Chemikanten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort