Leverkusen/Köln Bomben-Anschlag Keupstraße: Die Bilder bleiben im Kopf

Leverkusen/Köln · Der 9. Juni 2004 begann für Tim Feister nicht ungewöhnlich. Der heute 35-Jährige - mittlerweile Dienststellenleiter des Malteser-Hilfsdienstes Leverkusen - hatte Dienst als Rettungsassistent auf dem Krankenwagen, als die Alarmierung kam.

 Gestern konnte Tim Feister entspannt in der Keupstraße (Köln-Mülheim) stehen. 2004 war er hier nach dem Bombenanschlag als Retter im Einsatz.

Gestern konnte Tim Feister entspannt in der Keupstraße (Köln-Mülheim) stehen. 2004 war er hier nach dem Bombenanschlag als Retter im Einsatz.

Foto: Uwe Miserius

"Es wurde überörtliche Hilfeleistung von Köln angefordert. Das ist nichts Besonderes, passiert schon mal, wenn Nachbarstädte bei Einsätzen zusätzlich Unterstützung brauchen", erzählt Feister. Auf dem Weg zum Einsatz an der Keupstraße in Köln-Mülheim hörten sein Kollege und er: "Es geht um eine Explosion. Das macht einen schon etwas nervöser. Je näher wir dem Einatzort kamen, desto mehr Helfer und Polizei haben wir gesehen, mehrere Absperrungen und einige gelandete Hubschrauber."

Für Emotionen hatte Tim Feister am 9. Juni 2004 keine Zeit. Es ist der Tag, an dem in der Kölner Keupstraße eine Nagelbombe hochging. 22 Menschen wurden verletzt, Ladenlokale erheblich beschädigt, teils zerstört. Über Jahre blieb unklar, wer der Urheber des Bombenanschlags war. Ende 2011 kam dann heraus, dass wahrscheinlich die Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) für die Tat verantwortlich sein soll. Von all dem ahnte Tim Feister nichts, als sein Kollege und er am Einsatzort zwei Verletzte übernahmen. "In so einer Situation läuft ein professioneller Film ab, man wendet an, was man gelernt hat", berichtet der 35-Jährige rückblickend. Vor Ort reihten sich damals Eindrücke wie Perlen an einer Schnur auf: überall Splitter, Nägel, viele Organisationen im Einsatz, viel Presse vor Ort. "Die Anschläge in New York vom 11. September 2001 lagen noch nicht sehr weit zurück. Das schürte in jedem Kopf die Angst: Das ist ein Terroranschlag, obwohl es keinerlei Anhaltspunkte gab", sagt Feister.

Sein Kollege und er haben die beiden Verletzten erstversorgt und dann ins Krankenhaus gefahren. "Wir hatten wenig Zeit, um das Ganze auf uns Wirken zu lassen", sagt er. Die Bilder aber von damals haben sich im Kopf eingebrannt. Die kaputten Scheiben mit Splittern an einem Landelokal zum Beispiel. "So ein Einsatz beschäftigt einen lange", gesteht Feister. "Ich frage mich bis jetzt, was die Täter dazu motiviert hat. Es ist traurig, dass Leute in unserer heutigen Gesellschaft immer noch versuchen, ihre Meinung mit Gewalt durchzusetzen."

Die Opfer der Terrorzelle NSU
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Foto: dpa, cch axs fdt

Und doch gelingt es Feister, dem Einsatz etwas Positives abzugewinnen: "Die Rettungssysteme haben funktioniert. Ich habe aus dem Einsatz viel gelernt, das ich heute an junge Kollegen weitergeben kann."

(RP)
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