Leverkusen Bewerbung als Luftkurort

Leverkusen · Witzhelden (sku) Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Witzhelden als Naherholungsgebiet beliebt – auch wenn es niemals solche Besucherrekorde erreichte wie das benachbarte Leichlingen, in das im Frühjahr tausende Ausflügler strömten, um die Blütenpracht der Obstbäume zu bewundern. "Aber Witzhelden war immer schon ein beliebtes Wandergebiet", sagt Heimatforscherin Helga Meisen. Auf Postkarten bewarb sich das Höhendorf gar als "Luftkurort". "Wer auch immer diesen Titel vergeben hat", erzählt Meisen schmunzelnd.

Entfernungen in Fußstrecken

Aufschlussreich ist auch ein Auszug aus einem Fremdenführer der damaligen Zeit, der im Moment im Schaufenster der Soma-Apotheke von Ulrich Braun ausgestellt wird. Dort wird Witzhelden als typisch bergischer Ort im Grünen angepriesen. Interessant: Die Entfernungen sind dort in Fußstrecken angegeben. Eineinhalb Stunden Fußmarsch brauchte ein Zeitgenosse von der Luftschiffhalle in der Balker Aue bis ins Höhendorf.

Auch die traditionelle Witzheldener "Reisbreikirmes" wurde genutzt, um Besucher ins Höhendorf zu locken. Eine Kirmes gab es dort schon lange, 1453 wurde sie erstmals urkundlich erwähnt. In den 1920er Jahren wurde diese Tradition wiederbelebt. Irgendwann kamen die örtlichen Wirte auf die Idee, auch die im Umland beliebte Bergische Kaffeetafel anzubieten, inklusive des typischen Reisbreis. Zur besseren Vermarktung erhielt die Veranstaltung dann auch den passenden Namen. Die Kirmes findet heute noch statt, immer am 3. Wochenende im Juli. Reisbrei gibt es dabei allerdings nicht mehr. "Außer vielleicht privat – meine Mutter hat das zum Beispiel immer noch gemacht", erzählt Helga Meisen.

Klar ist auch: "Wirtschaftlich hat der Tourismus immer eine nachrangige Rolle gespielt", sagt Heimatforscher Ralf Hasenjäger. Dennoch waren Besucher von jeher angetan von dem schmucken Höhendorf. Bei schönem Wetter bezeugen dies die Staus am Witzheldener Marktplatz. "Und als 'hochalpiner' Teil Leichlingens stürzen sich im Winter bei Schnee die Besucher aus den umliegenden Ortschaften auf jede abschüssige Wiese", erzählt Hasenjäger. "Es gibt diesen Tagestourismus, man müsste vielleicht versuchen, diese Dynamik stärker zu nutzen und die Leute ein bisschen an Witzhelden zu binden", sagt er nachdenklich.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort