Prof. Coordt Von Mannstein Beim Wahlplakat muss es ,Klick'machen

Leverkusen · Der Solinger Marketingprofi war Wahlkampfleiter von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl. Im Interview wirbt er für gute Plakate.

Herr Professor von Mannstein, mehr als 60 Wahlkämpfe auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene haben Sie und Ihre Mitarbeiter inzwischen konzipiert und betreut. Gibt es einen, auf den Sie besonders stolz sind?

von Mannstein Im Leben ist man immer auf das besonders stolz, was man zum ersten Mal macht. Das war 1975 der Landtagswahlkampf für die CDU in Nordrhein-Westfalen. Mit einem provozierend frechen Wahlkampfkonzept ("Komm aus Deiner linken Ecke") erzielte die CDU aus der Opposition heraus 47,1 Prozent der Stimmen. Ein Ergebnis, das die CDU in dem Bundesland nicht wieder erreicht hat.

Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht in den Zeiten von Facebook und Twitter eigentlich noch das klassische Wahlplakat an der Ecke?

von Mannstein Plakate sind das in der Öffentlichkeit und von den Medien am stärksten beachtete Werbemittel. Und das Plakat weiß auch, die neuen Medien für sich zu nutzen, ist zur Schnittstelle zwischen analoger und digitaler Welt geworden. Via aufgedrucktem QR-Code, Web- oder Mail-Adresse vernetzen sich klassische und neue Medien miteinander, bieten vertiefende Informationen. Im Wahlkampf geht es um plakative Präsenz und um Durchsetzungskraft. Deshalb muss eine Kampagne an allen Berührungspunkten auf die Persönlichkeit des Kandidaten, den Markenkern der Partei und die zu vermittelnde Botschaft einzahlen.

Was macht ein gutes Wahlplakat aus?

von Mannstein Jedes Plakat muss beim Betrachter "Klick" machen. Auch das politische Plakat. Hier zeigt sich die Kunst der Kommunikation. Im Bruchteil einer Sekunde muss es den Nerv des Wählers treffen, politische Inhalte verdichten, bis drei, vier, fünf Worte übrig bleiben, aber die gesamte Botschaft wiedergeben. Handelt es sich dann noch um die Darstellung einer Kandidatin, eines Kandidaten, dann sollte es authentisch, vertrauenswürdig sein und vor allem Sympathie vermitteln.

Ist es leichter, für einen Amtsinhaber, der bereits bekannt ist, eine Wahlkampagne zu entwerfen, oder ist es genau umgekehrt, und der Herausforderer lässt sich am Ende besser darstellen?

von Mannstein Es kommt nicht darauf an, ob einer Amtsinhaber oder Herausforderer ist, sondern wie kommunikations- und medientauglich die Persönlichkeit ist, um zum "Gewinnertyp" zur "politischen Marke" zu werden. In unserer schnelllebigen Zeit darf sich der Amtsinhaber nicht auf vermeintlich verlässliche Werte wie "Vertrauensbonus, Bekanntheitsgrad oder das Erreichte" verlassen. Mit Erfolgen der Vergangenheit allein ist nichts zu ernten. "Wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, trägt sie an der falschen Stelle". Das hat schon Heiner Geißler gesagt. Kompetenz ohne ein glaubwürdiges Zukunftsprogramm ist ebenso wenig erfolgversprechend wie Visionen ohne Kompetenz. Ein Herausforderer wird differenzieren müssen. Seine Strategie heißt Angriff mit wählerrelevanten Themen, die die Menschen bewegen. Für ihn ist es vielleicht leichter, mittels Originalität und Innovation in die Medien zu kommen und zum "Stadtgespräch" zu werden. Auch hier ist Vorsicht geboten. Aufmerksamkeit allein bringt keine Wählerstimmen.

Wie viel Prozent einer erfolgreichen Kampagne hängen tatsächlich von der Persönlichkeit des Kandidaten ab?

von mannstein Politische Botschaften werden heute immer stärker an Personen gebunden. Die Medien verlangen nach Gesichtern, die sie in ihren Sendungen und Artikeln instrumentalisieren und "verkaufen" können. Nichts ist schwieriger kommunizierbar als ein politisches Programm im Detail. Insofern trägt ein Gesicht, das gleichzeitig Sympathie, Entschlossenheit und Vertrauen signalisiert signifikant zum Wahlerfolg bei.

Gibt es einen Zeitpunkt eines Wahlkampfs, zu dem das beste Wahlplakat präsentiert werden sollte?

von mannstein Der Einsatz jedes Wahlplakates hängt von der Strategie, der richtigen Dramaturgie des Wahlkampfs ab. Deshalb kann es kein bestes Plakat geben, sondern für jede Situation das richtige Plakat, sei es ein Angriffs-, Kompetenz-, Kandidaten- oder Zielgruppen-Plakat. Ein noch so schönes Wahlplakat mit fehlendem politischen Inhalt zum Wahlauftakt präsentiert, kann fatale Folgen haben. Lässt sich an ihm doch Inhaltlosigkeit der Wahlkampf-führenden Partei festmachen und das über den ganzen Zeitraum der Wahl.

PETER KORN FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort