Leverkusen Bedrohlich gute "Hexenjagd"

Leverkusen · Es gibt keine Rückzugsmöglichkeit – nicht fürs Publikum, nicht für die Akteure auf der Bühne. Aber es gibt auch eine richtig gute Tanztheater-Inszenierung, die Neuntklässlern der Landrat-Lucas-Schule im Sensenhammer gelingt.

 Starrer Blick, entschlossener Vorwärtsdrang: Die "Hexenjagd" ist intensiv gespieltes Tanztheater, das von den Akteuren Selbstbeherrschung verlangt.

Starrer Blick, entschlossener Vorwärtsdrang: Die "Hexenjagd" ist intensiv gespieltes Tanztheater, das von den Akteuren Selbstbeherrschung verlangt.

Foto: Hoffmann

Es gibt keine Rückzugsmöglichkeit — nicht fürs Publikum, nicht für die Akteure auf der Bühne. Aber es gibt auch eine richtig gute Tanztheater-Inszenierung, die Neuntklässlern der Landrat-Lucas-Schule im Sensenhammer gelingt.

Der Geruch von Metall, Rauch und Staub wirkt schon bedrohlich. Und das Licht in der ehemaligen Sensenschmiede mit ihren dunklen Ecken verstärkt das Gefühl der Angst, das bei dieser Theatervorstellung durchaus angebracht ist. Fast körperlich bedroht werden sich zumindest die Zuschauer in den ersten Reihen fühlen, wenn sich die Tänzer in schwarzer Lederkluft mit starrem Blick auf sie zubewegen. Niemand soll sich so ganz sicher fühlen an diesem Ort, wo die "Hexenjagd" begonnen hat, die Zuschauer nicht nur wegen der Temperaturen frösteln lässt.

Schüler der Stufe neun des Landrat-Lucas-Gymnasiums haben den Stoff von Arthur Miller als Theaterstück mit Tanz einstudiert. Bewusst nicht auf der eigenen Aula-Bühne, sondern in einem Raum, dessen Atmosphäre Text, Bewegung und Mimik zusätzlich unterstreicht.

Spielort verlangt so einiges ab

Von der packenden Wirkung sind spätestens seit der Generalprobe alle Mitwirkenden überzeugt. Zunächst aber mussten sich die Lehrerinnen Doris Lungstraß und Michaela Westphal-Hamdun, die das Terrain schon mit früheren Projekten bespielten, durchsetzen. Die 32 Schüler in ihrem großen Kursus waren erst einmal gar nicht begeistert. Vielleicht ahnten sie auch, dass ihnen dieser Spielort einiges abverlangt. Denn sie agieren nur wenige Meter entfernt vom Publikum, das jede Gesichtsregung, jedes Zittern und jeden Atemzug mitbekommt. Da hilft nur eine Strategie: Immer schön in der Rolle bleiben.

Das ist viel verlangt bei 15-Jährigen, aber diese Truppe schafft es mit einer bemerkenswerten Selbstbeherrschung. Jeder hat den Charakter seiner Rolle genau festgelegt und verinnerlicht. Auch die Veränderungen die einige Personen durch die dramatische Entwicklung erfahren. Und immer wenn sich eine Sichtweise festigen soll, wird eine Zäsur gemacht. Die Schauspieler, die sich nie in einen Backstagebereich zurückziehen können, sondern während der ganzen Vorstellung sichtbar bleiben, frieren ihre Posen ein. Musik und die Bewegungen der Tanztheatergruppe verstärken dann die aufgebaute Stimmung.

Hysterie und Prozessflut

Nur wenige, aber symbolisch wirkende Requisiten haben die Schüler in den Sensenhammer gebracht. Schwarze, nicht zu ordentlich arrangierte Würfel werden für Schlüssel-Bilder genutzt, die im Gedächtnis bleiben. Anfangs nimmt noch Pastor Hale in seinem Talar auf dem höchsten Punkt Platz, der später dem obersten Richter gebührt. Und am Ende thront dort ein Mädchen wie eine Statue, nachdem Mitbürger, wie die Vertreter der staatlichen und geistlichen Macht, wie ein Scherbenhaufen am Boden liegen. Sie hat durch gezielte falsche Beschuldigungen Hysterie und Prozessflut ausgelöst — eine "Hexenjagd", vor der sich niemand in Sicherheit bringen kann.

(mkl)
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