Bayer Philharmoniker unter neuer Leitung Frisches Dirigat mit Armen, Augen, Gesten

Leverkusen · Nach langer Corona-Pause begeisterten die Bayer Philharmoniker unter neuer Leitung von Bar Avni. Die setzte auf ein faszinierendes Dirigat und dynamische und emotionale Steigerung aus dem Pianissimo heraus.

 Stark in der Interpretation: die Bayer Philharmoniker beim Sonderkonzert im Forum.

Stark in der Interpretation: die Bayer Philharmoniker beim Sonderkonzert im Forum.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Runderneuert haben sich die Bayer Philharmoniker nach der langen Zwangspause zurückgemeldet. Mit einem vitalen und abwechslungsreichen Sonderkonzert begrüßten sie am Donnerstag das treue Publikum im großen Forum-Saal, in dem fast so viele Plätze wie erlaubt besetzt waren.

Eigentlich hatte die Rückkehr zum Spielbetrieb nach C. im Altenberger Dom gefeiert werden sollen, der jedoch wegen Flutschäden noch nicht nutzbar ist. Abwechslungsreich war der Abend nicht etwa auf Grund eines kleinteiligen Programms, sondern wegen der ausgesprochen differenzierten Gestaltung von Beethovens fünftem Klavierkonzert Es-Dur und Tschaikowskis langer wie Kräfte zehrender Sinfonie Nr. 3 mit dem Beinamen „Polnische“. Da zeigte sich die persönliche Handschrift der neuen Dirigentin Bar Avni, die nach wenigen Monaten gemeinsamer Proben das Orchester bereits mit ihren Vorstellungen von spannender Interpretation geprägt hat. Und wer wollte sich auch dem mitreißenden Dirigat der jungen Musikerin entziehen, die mit Augen und Armen, mit jeder Faser ihres Körpers gestisch das vermittelte, was sie hören wollte.

 Hochkonzentriert und ausdrucksstark: Dirigentin Bar Avni.

Hochkonzentriert und ausdrucksstark: Dirigentin Bar Avni.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Vor allem wenig. Ihre Strategie ist, die Wirkung von dynamischer wie emotionaler Steigerung deutlich erhöhen, wenn die Zuhörer vorher mit behutsamen Pianissimo gezwungen wurden, die Ohren ganz genau zu spitzen. Das konnte man im Saal geradezu spüren, wo kein Huster, kein Räuspern  – vermutlich eine positive Folge der Corona-Hygiene  – die zarten Klänge störte. Wie kann ein so großes, semiprofessionelles Orchester dermaßen leise spielen, fragte man sich zu Beginn der Tschaikowski-Sinfonie. Für die Hornisten war das Level bei ihrem ersten Einsatz allerdings schon grenzwertig. Umso mitreißender jedenfalls der Effekt, wenn es danach in energisch zupackendes, wild entfesseltes Spiel umschlägt. eine Zeit für Gewöhnung oder Langeweile.

Große Gegensätze bestimmten auch das Klavierkonzert Beethovens, bei dem Avni bemüht war, die kleinen Schönheiten der Komposition hörbar zu machen. Nach einem energischen Eingangssatz animierte sie die Musiker beim Adagio auf einen samtweichen Klang umzuschalten, um mit einem rhythmisch markanten Rondo abzuschließen. Mit Tobias Haunhorst am Flügel hatte sie einen gleichgesinnten Partner. Der Solist gestaltete seinen Part klar, schlicht und dicht mit besonderem Augenmerk auf die leisen, poetischen Passagen. An manche Stellen hoben sie in stillem Einverständnis die Musik aus der Zeit, gaben Gelegenheit, einer zarten, sphärischen Melodik nachzulauschen.

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