Leverkusen Bayer-Blasorchester auf den Boulevards der Welt zu Hause

Leverkusen · Wer hat's erfunden? Nein, in diesem Fall waren es die Holländer, jedenfalls wenn man sich der Version von Christoph Vratz anschließt. Er moderierte das Konzert des Bayer-Blasorchesters in der Bayer-Kultur-Reihe "Boulevard und Broadway".

Und den Broadway mit seinen vielen Theatern und seiner weltbekannten Musicalszene haben wir letztlich den Holländern zu verdanken. So fuhren sie einst den alten Indianerpfad auf und ab, als sie in der neuen Welt zwischen Hudson und East River siedelten. Ob es ohne sie zu den Konzerten am Samstag und Sonntag gekommen wäre? Immerhin haben sie auch den Dirigenten geliefert, der das Bayer-Blasorchester in mehr als 15 Jahren so geformt und trainiert hat, dass es sich mit Schwung, Charme und Eleganz sicher zwischen der New Yorker Vergnügungsmeile und dem munteren Treiben auf Pariser Boulevards bewegen kann.

Von diesem Beruf habe er geträumt, gestand Pierre Kuijpers. Das hört sich so an, als sei an diesen beiden Abenden viel geredet worden, tatsächlich aber stand diese spezielle Musikrichtung, die sich nicht so wirklich zwischen den Kategorien U oder E entscheiden kann, absolut im Mittelpunkt. Ein Schlagzeugsolo gab den Auftakt zu diesem Konzert, noch bevor der Dirigent überhaupt zu sehen war. Der nahm erst seinen Platz ein, als sich seine 45 Instrumentalisten bereits hatten anstecken lassen von der Rhythmik und dem Drive des Vorboten. Dann übernahm Kuijpers die Leitung, sorgte für klangliche Balance, Tempowechsel und große dynamische Effekte. "On Broadway" startete der Abend, der mit einem musikalischen "Nightflight to Paris" Richtung auf Europa nahm, wo der zweite Teil in der Stadt der Liebe, des Nachtlebens und des Chanson fortgesetzt wurde.

Bezüge zur alten Welt gab es bereits vorher, etwa bei der Hommage an Kurt Weill, die sehr gut hörbar dessen drei Lebensmittelpunkte in einem dreiteiligen Stück vereinte: Berlin, Paris und New York. Oder bei George Gershwins Spiel mit den musikalischen Eigenheiten auf beiden Kontinenten "An American in Paris". Das Stück, Titelgeber für diesen Abend, war - wie die meisten - ein Arrangement für diese Besetzung. Und daran zeigte sich besonders die Qualität dieses Orchesters. Hier gilt der gleiche Anspruch wie bei einem klassischen Sinfonieorchester, mit etwas anderem Sound, voll, kernig und schwungvoll, aber auch sehr weich, sinnlich und melancholisch. Zugleich entwickelt es den spritzigen Charakter einer Bigband oder einer mitreißenden Marching Band.

Man kann sich aber genauso zurücknehmen, etwa um einen Sänger sicher auf das Podest zu heben, der den populärsten Song von Frank Sinatra neu belebt. Der Bariton Christopher Rickerby hatte das Publikum schon nach wenigen Takten erobert. Sopranistin Karolin Konert legte in anderem Genre, aber mit gleicher Intensität und Bühnenpräsenz nach, mit einem Gospel.

Ein besonderes Programm, von dem es schon bald mehr gibt. Die Matinee am Pfingstmontag widmet das Bayer-Blasorchester George Gershwin.

(mkl)
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