Leverkusen Bauspeicheldrüse - Krebsfälle steigen

Leverkusen · Oft zu spät erkannt, ist die Erkrankung besonders tückisch. Kompetenzzentrum am Klinikum informiert über Hintergründe.

Während die Anzahl der Neuerkranken bei einigen Krebsarten vor allem Dank guter Aufklärungsarbeit und zuverlässiger Vorsorgeuntersuchungen sinkt, erhalten jährlich mehr Menschen die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs. Vor einem Jahr hat Professor Nico Schäfer das große Erbe seines Vorgängers Professor Karl-Heinz Vestweber angetreten und die Leitung der Fachklinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie am Uniklinikum Leverkusen übernommen. "Bauchspeicheldrüsenerkrankungen", so beschreibt es der 47-jährige Kölner, gehörten zu seinen "Steckenpferden". Vielleicht auch deshalb hatte der Mediziner zu einem Patientenseminar rund um das Thema "Pankreas" geladen, mit einem Programm voller Fachbeiträge. "Es sind erstaunlich viele Besucher gekommen", sagt Schäfer und freut sich ganz offensichtlich über die rege Teilnahme, "obwohl es an diesem Tag sehr warm war und strahlend blauer Himmel."

Erkrankungen an der Bauchspeicheldrüse seien für die Betroffenen sowie deren Angehörige belastend und auch für die Medizin eine große Herausforderung, so Schäfer. Dabei unterscheidet er zwischen der akuten und der chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung sowie dem Bauchspeicheldrüsenkrebs. "Die akute Entzündung entsteht häufig durch Gallensteine. Betroffene Patienten klagen plötzlich über sehr starke Oberbauchschmerzen, die Haut wird gelb." Der chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung liege in 80 Prozent aller Fälle jahrelanger Alkoholmissbrauch zugrunde, es gebe aber auch genetische oder immunbiologische Ursachen oder erhöhte Fett- oder Kalziumwerte. "Das Problem ist, dass sich das Organ mit der Zeit regelrecht selbst verdaut, durch den Funktionsverlust entsteht Diabetes. Symptome seien starke, gürtelförmige Schmerzen im Oberbauch", erklärt der Chefarzt. "Es kommt zu starker Gewichtsabnahme und häufig zu den sogenannten Fettstühlen bei der Verdauung."

Die Krankheit ist schwerwiegend, nicht zuletzt weil sich aus ihr auch langfristig ein Karzinom entwickeln kann. Dass so viele Menschen den Bauchspeicheldrüsenkrebs als besonders gefährlich und bösartig ansehen, kann Schäfer nachvollziehen. "Das Problem ist, dass er keine Probleme macht", sagt der Klinikdirektor, "wenn man Beschwerden hat und dann den Arzt aufsucht, ist es häufig so, dass der Krebs bereits metastasiert hat und weit fortgeschritten ist."

Die komplizierte und zentrale Lage der Bauchspeicheldrüse, umgeben von Organen, dem vegetativen Nervensystem und den großen Blutgefäßen des Bauchraums macht es in 80 Prozent aller Fälle bereits unmöglich, den Tumor operativ zu entfernen. "Dazu kommt, dass die in der Nähe befindlichen Lymphbahnen die Krebszellen schnell verbreiten", erklärt der Mediziner. Bei einer solch fatalen Diagnose sei es besonders wichtig, sich an ein Kompetenzzentrum zu wenden.

"Meiner Meinung nach versäumen es viele Kliniken vor der eigentlichen Therapie, sei es OP oder Chemo, den Gesamtzustand des Patienten aufzubauen, ihn regelrecht aufzupäppeln, damit er die Eingriffe besser stemmen kann", kritisiert der Chirurg. Immer wieder gibt es Fälle, die ihm trotz Routine besonders nahegehen. "Eigentlich ist es eine Erkrankung, die meistens nach dem 60. Lebensjahr auftritt. Aber in diesem Jahr hatte ich zwei junge Patienten zwischen 20 und 30."

(dani)
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