Experte im Leverkusener Bauausschuss "Klimaschutz muss Chefsache werden"

Leverkusen · Im Bauausschuss ging's um Mobilitätsalternativen zum Auto. Norbert Reinkober vom Verkehrsverbund Rhein-Sieg: "Umweltschutz ist alternativlos."

Übersicht: Was bei Autos aus dem Auspuff kommt
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Foto: dpa, Oliver Weiken

Einige lokale Klimaschützer, Befürworter neuer Verkehrsstrategien für Städte, haben eine bemerkenswerte Kehrtwende gegenüber Autofahrern hingelegt. Zumindest argumentativ. "Wir haben nicht behauptet, die Autos müssen weg", beteuerten im Bauausschuss sinngemäß etwa Norbert Reinkober (Verkehrsverbund Rhein-Sieg), Baudezernentin Andrea Deppe und Roswitha Arnold (Grüne). Die Autofahrer sollten durch gute Mobilitätsalternativen bewegt werden, auf eigene Kraftfahrzeuge freiwillig zu verzichten. Damit gelinge die zum Klimaschutz erforderliche Verkehrswende, sind sich die drei sicher. Dann wären beispielsweise Fahrverbote zur Verbesserung der Luft in der Stadt überflüssig.

Trotzdem sollen die Autofahrer ausgebremst werden. Durch mehr Busspuren in Leverkusen, höhere Parkgebühren, mehr und breitere Fahrradwege. Ausschussvorsitzender Peter Ippolito (SPD) sprach es aus: Ohne dem Autoverkehr auf den Straßen zugunsten von Bussen und Radfahrern Platz wegzunehmen, gehe es nicht.

Auch das langjährige politische Schlachtross Paul Hebbel (ehemaliger Oberbürgermeister, CDU) positionierte sich in der jüngsten Sitzung in Sachen lokaler Klimaschutz kampfbereit: Solange von der Autobahn 3 die Schadstoffe massiv auf Manfort rieselten und solange die Rheinschifffahrt die Leverkusener Luft erheblich mit Abgasen belaste, werde er Fahrverboten für die Stadt nicht zustimmen. Die Umweltverschmutzung müsse global, nicht allein lokal verringert werden, argumentierte er.

Nach dieser Äußerung war Grünen-Politiker Klaus Wolf (erster grüner Bürgermeister Leverkusens) sofort auf dem Baum: Hebbels Argumentation sei eine typische Verteidigungsreaktion und altes konventionelles Denken. "Die guten Ideen zum Klimaschutz sind alle da", wetterte Wolf. Aber wenn es ans Umsetzen gehe, "dann werden alle kleinlaut". Trotz seiner Kritik stimmte Paul Hebbel übrigens dem Maßnahmenkatalog zur Senkung der Schadstoffe in der Leverkusener Luft zu. Zuvor hatte der Quettinger Politiker sarkastisch angemerkt, dass ja sicher alle Ausschussmitglieder aus Überzeugung zum Schutz der Umwelt mit Bus oder Fahrrad gekommen seien. Tatsächlich dürften dies wohl nur wenige getan haben.

VRS-Vertreter Reinkober und sein Kollege Theo Jansen ermunterten die Politiker zum zügigen Umsetzen eines "kommunalen Mobilitätsmanagements". Reinkober: "Wir müssen als Gesellschaft für unsere Kinder entscheiden." Selbst der Automobilclub ADAC stehe zur Verkehrswende, die letztlich auch die deutsche Automobilindustrie wegfegen könnte. Die deutschen Autohersteller hätten die Zukunft verschlafen. Sollte dieses Szenario stimmen, würde dies auch die Arbeitnehmer in der Stadt hart treffen: In Leverkusen produzieren einige große Zulieferfirmen für die Autoindustrie.

Reinkober, selbst ein Leverkusener, warb darum, nicht mit dem Umweltschutz zu zögern, sondern Maßnahmen umzusetzen. Die Stadt müsse die an den Autoverkehr abgegebene Lebens- und Aufenthaltsqualität zurückgewinnen. Umweltschutz sei alternativlos. Wenn sich erst die Masse der Menschen, die vor den Klimabedingungen in ihrer Heimat flüchteten, in Bewegung setze, werde es schlimm: "Dagegen wirkt dann das Flüchtlingsproblem von 2016 wie ein Kindergeburtstag", warnte Reinkober vor den Bauausschussmitgliedern.

Wichtig sei vor allem: Die neuen Klimaschutzmaßnahmen müssten im Rathaus Chefsache sein und bei allen Mitarbeitern als gemeinsames Ziel verankert werden.

(us)
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