Leverkusen Bahnschienen für die Ewigkeit

Leverkusen · Stöbern erlaubt: Am Donnerstag räumte die Spedition Niesen das Dachgeschoss des Magazins in der Bahnstadt aus. Dort lagerte bisher eine historische Sammlung an Gleismaterialien. Sie kann bald in zwei Museen bestaunt werden.

Ulrich Bosbach kann in einem kurzen Stück Bahnschiene lesen wie in einem Buch. "Das Prägezeichen verrät, in welchem Walz- und Stahlwerk die Schiene gefertigt wurde. Außerdem sagt das Zeichen etwas über die Form und das Material aus", erzählt der 68-Jährige. 40 Jahre arbeitete er im Gleisbauwerk Opladen.

Er fing als Lehrling an, arbeitete viele Jahre als Gleisbauer, führte später selber junge Menschen an den Beruf heran. Wie schon in seiner Ausbildung, ging er auch mit seinen Schützlingen häufig ins Magazin des zum Ausbesserungswerk Opladen gehörenden Betriebes.

Dort lagerten historische Materialien, die die Entwicklung im Gleisbau über die Jahrzehnte dokumentierten. Gestern hieß es: Abschied nehmen. Weil das Gebäude entkernt und als Loft für Wohnen und Arbeiten umgebaut wird, muss auch das Magazin mit mehr als 100 Gleisstücken, Weichen, Schwellen und Bolzen, alten Schriftstücken und Karten sowie historischen Werkzeugen ausziehen.

Das Material ist schon längst museumsreif, das älteste Schienenstück stammt aus dem Jahr 1879. Jetzt geht alles tatsächlich ins Museum. Die Stücke aus Opladen finden in zwei Häusern des Landschaftsverbandes (LVR) eine neue Bleibe. Ein Teil geht ins Rheinische Landesmuseum für Industrie- und Sozialgeschichte in Oberhausen.

Der Rest wird künftig im Westfälischen Landesmuseum für Industriekultur in Dortmund gezeigt. Ein ganzes Gleisbaubett wird künftig in der früheren Henrichshütte in Hattingen, einer Außenstelle des Dortmunder Museums, zu sehen sein.

Schon am frühen Morgen begann gestern der Umzug. Die Mitarbeiter der auf Kunsttransporte spezialisierten Firma Niesen wuchteten die schweren Gleisstücke und Weichen in große blaue Container. Die hingen in schwindelnder Höhe an einem Kran. Denn das Magazin befand sich direkt unter dem Dach. Eigentlich seltsam angesichts der dort gelagerten Schwergewichte.

Ein Verwaltungsmitarbeiter, der in einem Büro in der Etage darunter gesessen hat, soll sich einst mit Händen und Füßen dagegen gewehrt haben, dass die Sammlung weiter aufgestockt wird. Michael Gaigalat, Leiter der Sammlung im Museum Oberhausen, freut sich über den Zuwachs. "Wir können so ein weiteres wichtiges Kapitel der Industrialisierung im Rheinland dokumentieren."

Die Besucher brauchen allerdings noch ein wenig Geduld. Die Papiere kommen zunächst für vier bis fünf Wochen in Quarantäne. In einer Stickstoffkammer sollen zuerst alle Schadstoffe abgetötet werden. Dann wird die Zeit der Königlich Preußischen Staatseisenbahn, der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Bahn wieder lebendig.

(RP)
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