Kommentar: Tiefpunkt der Kommunalpolitik „Augsburger Puppenkiste“ im Leverkusener Stadtrat
Meinung | Leverkusen · Leverkusens politische Vertretung ist auf einem Tiefpunkt angelangt. Kleingruppen proben den Aufstand gegen vermeintliche Benachteiligung und überschreiten dabei Grenzen.
Der Leverkusener Stadtrat befindet sich in einem beklagenswerten Zustand – und das nicht erst seit Montag, als die letzte Sitzung vor Weihnachten einmal mehr zur Farce geriet. Haushaltsdebatte, Pandemie, Flutschäden und Klimaschutz. AnspruchsvolleThemen gab es also reichlich. Und was wurde daraus? Ein (mit nichtöffentlichem Teil) zehnstündiges Hin und Her von Anträgen, Gegenanträgen, Rede, Gegenrede, Zurechtweisungen, Beschwerden, Empörungen, Belehrungen bis hin zu Unterminierungen unserer Demokratie schlechthin.
So ließ sich der staatlich anerkannte Rechtsextremist Markus Beisicht (Aufbruch Leverkusen) dazu hinreißen, den deutschen Rechtsstaat mit dem einstigen Apartheidregime in Südafrika auf eine Stufe zu stellen. Denn schließlich würden auch bei uns Menschen derzeit ausgegrenzt und in ihren Freiheiten beschnitten. Es ist derselbe Beisicht, der Demozüge von Impfgegnern durch Opladen anführt. Mit seinen unwürdigen und abwegigen Äußerungen bezieht er sich auf den Impfschutz. Dabei greift er nicht nur hiesige Regierungsstellen an und beleidigt sie, sondern ebenso die Opfer des Apartheidregimes, indem er dessen Taten relativiert.
Die Frontlinie ist klar: Klein gegen Groß. Nachdem die Ratswahl neue Machtverhältnisse geschaffen und erneut durch Fehlen einer Fünf-Prozent-Hürde kleinste politische Gruppen eingezogen sind, lautet der immer wieder erhobene Vorwurf so: Die Großen, gemeint sind vor allem CDU, SPD und Grüne, stimmen sich bei Ratsentscheidungen ab, verteilen politische Pöstchen in der Verwaltung und halten so die Kleinen klein und raus. Unterstützt werden sie dabei vom Verwaltungschef, einem SPD-Oberbürgermeister.
Diesem Opfer-Narrativ folgen längst nicht alle kleinen Gruppen und Parteien. Es sind vor allem drei. Während die Bürgerliste traditionell gerne als politischer Outlaw auftritt und mit einem meist gut getimeten Mix von sachgerechten Einwänden und Beiträgen auf der einen und einem Lamento über reale und vermeintliche Benachteiligungen auf der anderen Seite auffällt, treibt es der Vertreter der Klimaliste, Benedikt Rees, auf die Spitze. Der Mann, dem wenige hundert Wählerstimmen gereicht haben dürften, ist längst das rote Tuch in der Leverkusener Politik und der Verwaltung. Mit unzähligen Anträgen und politischen Fensterreden auch jenseits der zulässigen Redezeit von vier Minuten torpediert er kalkuliert den Ablauf jeder Ratssitzung. Kurios: Der Mann, der mit Abstand am meisten redet, beschwert sich regelmäßig, nicht gehört zu werden. In der Haushaltsdebatte trug er anstelle einer Haushaltsrede langatmig das leicht abgewandelte Märchen von „Jim Knopf“ aus „Schlummerland“ vor und erntete damit verständnisloses Kopfschütteln im Auditorium.
Augsburger Puppenkiste? Ein umgekehrter Vergleich mit Rees und seinen Mitstreitern schließt sich aus. Es würde wohl den tapferen Jim Knopf und seine Gefährten beleidigen.