Leverkusen Anwohnerbeiträge behindern Straßenausbau

Leverkusen · Wo immer die Stadt Straßen fertigstellen will, gibt es Streit um die Kosten für Anwohner. Ein neues Zahlsystem soll das bald ändern.

 Sie soll demnächst drankommen: die Erich-Klausener-Straße in Alkenrath. Anwohner rechnen – je nach Art des Ausbaus – mit 4000 bis 18.000 Euro Kosten.

Sie soll demnächst drankommen: die Erich-Klausener-Straße in Alkenrath. Anwohner rechnen – je nach Art des Ausbaus – mit 4000 bis 18.000 Euro Kosten.

Foto: Uwe Miserius

Die Post kam vor etwa einem Monat, und keiner der Anwohner dürfte sich gefreut haben, als er den Brief mit dem Absender Stadt Leverkusen gelesen hatte. In dem Schreiben teilt die Verwaltung den Anwohnern der Erich-Klausener-Straße in Alkenrath nämlich mit, dass ihre Straße in absehbarer Zeit fertig ausgebaut werden soll. "Wir wussten sofort: Das wird teuer", erzählt einer von ihnen.

Wie teuer, darüber durften die Hausbesitzer allerdings mitreden. "Die Stadt hat uns zwei Varianten vorgestellt, zu denen wir uns äußern durften", sagt ein Sprecher der Anwohnerschaft: "Das fanden wir gut." Auch wenn es letztlich die Bezirksvertretung sein wird, die entscheidet.

Weit weniger gut fanden die meisten indes die erste der beiden Ausbau-Varianten. Die sah Pflastersteine und sogar Baumpflanzungen vor. "Wir liegen doch eh direkt am Waldrand", betont der Anwohnersprecher, der unnötige Kosten vermutete. 4000 bis 18.000 Euro müssten die Leute dafür je nach Haus und Grundstück bezahlen. Kein Wunder, dass die zweite Variante mit einfacher Schwarzdecke deutlich besser ankam.

96 Prozent der Straßen in Leverkusen sind inzwischen fertig ausgebaut, berichtete Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn unlängst. Die restlichen vier Prozent der rund 400 Kilometer Straße in Leverkusen sind auf einer Liste aufgeführt, die unserer Zeitung vorliegt (siehe Kasten). Die Stadtverwaltung legt allerdings Wert auf einige Zusatz-Informationen:

- Es handelt sich um eine interne Arbeitsliste. Eine Rangfolge oder ein zeitlicher Ablauf ergibt sich daraus nicht.

- Der Umkehrschluss, dass alle Straßen, die nicht auf der Liste stehen, end-ausgebaut sind, wäre falsch. Im Einzelfall muss anhand der Aktenrecherche und eventueller privater Unterlagen der Anlieger die rechtliche Situation geprüft werden.

- Häufigster Hindernisgrund für den Endausbau der Straßen ist der fehlende Grunderwerb; die Bereitschaft der Eigentümer, die entsprechenden Parzellen der Stadt zu verkaufen, ist wegen der später zu entrichtenden Beiträge oft gering.

- Die einzelnen Straßen müssen im Stadtetat veranschlagt werden, was aufgrund der Haushaltslage nur gestreckt über Jahre möglich ist.

- Bei längeren Straßenzügen (wie der Ringstraße in Hitdorf) geht dem Ausbau oftmals ein langwieriger Planungsprozess mit vielfältigen Abstimmungen mit den betroffenen Bürgern und der Politik voraus.

" Aus den Erfahrungen heraus, ist die Akzeptanz der Anwohner zur Zahlung der Anliegerbeiträge nicht sehr ausgeprägt", heißt es im Baudezernat. Nicht selten weigern sich Städte daher sogar, solche Listen überhaupt zur Veröffentlichung freizugeben.

"Die Furcht, dass sofort Anwohner auf die Barrikaden gehen, die glauben, schon bald Beiträge in Rechnung gestellt zu bekommen, ist groß", sagt auch Timm Fuchs. Er ist Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund. Fuchs kennt aber einen Ansatz zur Lösung des Problems. Der Hauptärger entstehe ja, weil Anlieger fürchteten, schnell eine große Geldsumme bereitstellen zu müssen. "Einige Bundesländer haben daher das System der wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge eingeführt", sagt der Experte. Die werden von allen gezahlt — und auf alle Projekte verteilt.

In Rheinland-Pfalz oder Thüringen etwa gebe es diese Möglichkeit. Wiederkehrende Beiträge beziehen sich auf Maßnahmen, die binnen eines Jahres in einem Gemeindegebiet oder größeren Ortsteil erfolgt sind, und dort gesammelt abgerechnet werden. Die Solidargemeinschaft wird im Gegensatz zum einmaligen Beitrag nicht von den Anliegern einer bestimmten Straße, sondern von allen Anliegern der gesamten Gemeinde gebildet — in größeren Städten auch einem Stadtteil. Bei den einmaligen Ausbaubeiträgen mit mehreren tausend Euro Kosten dagegen werden Hausbesitzer auf einen Schlag zur Kasse gebeten, da konkrete Einzelmaßnahmen abgerechnet werden.

Die Landes-CDU hat ein solches System nun auch für NRW beantragt, am 8. November findet die Expertenanhörung dazu im Landtag statt. Die Meinungen sind geteilt: Während etwa das Baugewerbe dafür ist, lehnt die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände das System deutlich ab.

Die Anwohner der Erich-Klausener-Straße würden wiederkehrende Straßenausbaubeiträge sehr begrüßen, sagt ihr Sprecher. Für sie käme die Einführung allerdings wohl zu spät. Gleichwohl gilt hier aber ebenso wie im Fall der Ringstraße das Wort des Oberbürgermeisters: Die Stadt werde die Möglichkeit zur Ratenzahlung oder auch Stundung der Beiträge schaffen.

Ansonsten bleibt für alle, die ihre Straße auf der Ausbauliste der Stadt wiederfinden, natürlich immer noch die Chance, Geld anzusparen. Denn so manche Straße wird noch lange unausgebaut bleiben.

(RP)
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