Leverkusen Anklage: Junges Paar schweigt

Leverkusen · Ein Karatelehrer (23) aus Solingen und seine gleichaltrige Freundin sollen einen Leverkusener Immobilienmakler (69) in dessen Düsseldorfer Büro getötet haben, um ihn zu berauben. Am Dienstag begann der Prozess.

Sie lächeln sich an, als ob die Mordanklage sie nichts anginge. Der Solinger und seine Freundin scherzten gestern in einen Moment hinter dem Rücken ihrer Anwälte miteinander. Nach neun Monaten in getrennter U-Haft war die Atmosphäre zwischen dem jungen Mann und seiner Freundin vertraulich und locker. Dabei stehen beide unter Mordanklage vor dem Schwurgericht.

Gemeinschaftlich, aus Habgier, grausam und um einen Raub zu ermöglichen soll das Paar Ende Oktober 2008 einen 69-jährigen Immobilienmakler in dessen Büro an der Bismarckstraße umgebracht und ausgeplündert haben. "Traut man den beiden gar nicht zu", raunte eine Zuschauerin zu Prozessbeginn. Und wirklich: Adrett wirken die 23-Jährigen, scheinen unaufgeregt, selbstsicher, sogar zuversichtlich. Nacheinander in den Saal geführt, begrüßen sie ihre Anwälte per Handschlag und lächeln.

Und doch sollen diese jungen Leute mit 16 Stichen, ausgeführt mit zwei Scheren, vor neun Monaten den schwer kranken Makler getötet haben. Einen 69-Jährigen, der zumindest dem Angeklagten (der in Solingen zuletzt eine Karate-Schule unterhielt) "hilflos unterlegen" war, so die Anklage. Rechtsmediziner entdeckten, dass dem Opfer wohl durch gezielte Tritte gegen den Hals beide Zungenbeine gebrochen worden sind.

Details, bei deren Verlesung die Witwe des Opfers seufzend den Kopf sinken ließ. Die Ehefrau und der Sohn des Maklers treten in dem Verfahren als Nebenkläger auf. Aber Stellung hat das angeklagte Paar zu den Vorwürfen nicht bezogen — weder bei der Festnahme noch vor Gericht.

Bei der Polizei hatten beide nur angegeben, die einst bei dem Makler beschäftigte Frau habe für eine neue Tätigkeit in dessen Büro an dem Oktoberabend auf einen Vorschuss von 5000 Euro gehofft, aber der Makler habe bloß 800 Euro angeboten. Nach einem "unharmonischen Gespräch" habe sie das Büro verlassen, ihren Freund von dessen Parkspaziergang samt Hunden abgeholt — und gemeinsam sei man nach Solingen zurückgekehrt. Ob das Paar bei dieser Version bleibt, ist ungewiss. Erst am nächsten Verhandlungstag, so die Verteidiger, sei mit "Erklärungen" der Angeklagten zu rechnen. Das vorläufige Gutachten eines Psychiaters steht noch aus. Das wolle man abwarten, so die Anwälte.

Staatsanwalt vertraut Indizien

Der Staatsanwalt nahm's gelassen: Er vertraut seiner Indizienkette gegen das Paar: auf DNA-Spuren vom Tatort — und von einem leicht angesengten Rucksack, der kurz nach dem Verbrechen am Unterbacher See entdeckt worden war.

Der Inhalt: Turnschuhe Größe 46,5 mit Blutspuren des Opfers sowie mehrere Geldkarten des 69-Jährigen. Der Angeklagte hat Schuhgröße 46. Für den Staatsanwalt ist nur noch unklar, welche Rolle die Frau bei dem Verbrechen übernommen hatte. In der Anklage steht, die Tat sei "mit Billigung und Unterstützung" der Frau ausgeführt worden.

Von der Polizei mit dem Mordvorwurf konfrontiert, "war der Angeklagte aber in keinster Weise schockiert", erinnerte sich eine Beamtin gestern an die Vernehmung. "Er wusste auf alles eine Antwort, ohne zu überlegen. Was er sagte, war flüssig, chronologisch, es klang plausibel und seine Laune war gut, er wirkte sicher, aufgeschlossen und redegewandt." Eine Speichelprobe zum DNA-Abgleich habe der Angeklagte sogar offensiv angeboten. Ganz so, als könne das Ergebnis nur zu seinen Gunsten ausfallen. Das Gegenteil war aber der Fall.

Der Prozess wird am 19. August fortgesetzt.

(RP)
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