Leverkusen Angeklagter hat schwere psychische Störung

Leverkusen/Köln · Im Schwurgerichtsprozess gegen einen 23-Jährigen, der im vergangenen Juni auf seinen Bruder geschossen haben soll, ging es am Mittwoch sehr emotional zu. Mutter, Schwester und ein Bruder wurden als Zeugen gehört.

Da es um Einzelheiten aus dem Familienleben ging, wurde auf Antrag des Nebenklägers die Öffentlichkeit für die Sitzung am Landgericht Köln weitgehend ausgeschlossen.

Die Aussagen der Schwester, die gegen den Angeklagten bereits im Jahr 2014 einen Strafantrag wegen Körperverletzung und Beleidigung gestellt hatte, ließen dennoch einen Eindruck von dem Drama in der Familie zu, verursacht durch den Sohn, der schon vor den Schüssen am Tag des Leverkusener Halbmarathons in Quettingen sehr verhaltensauffällig war. So auffällig, dass der Richter des Leverkusener Amtsgerichts ihm nach einem Prozess im September 2014 bereits riet, er solle sich dringend psychologische Hilfe suchen und den Kontakt zur Schwester meiden.

Die Beratungsstelle für psychologisch Kranke (SPZ Leverkusen) wurde eingeschaltet, die dem jungen Mann bei der Wohnungssuche half. Der konnte die Enge im elterlichen Haus und die Bedrohungen, die er nach Bekanntgabe seiner Homosexualität empfand, nicht mehr ertragen. Doch die weitere Hilfe nahm der 23-jährige Angeklagte nicht an, er brach den Kontakt sogar ab.

Auch ein Gutachter für Betreuung wurde involviert, der nach einem Hinweis des Leverkusener Amtsgerichts einen "Auftrag mit Dringlichkeit" erhielt und sofort den Kontakt zu dem jungen Quettinger suchte. Es kam zwar zu einem Gespräch, aber eine Betreuung wurde abgelehnt. Der Fachmann erkannte eine durch "Cannabis induzierte Psychose", die in Kombination mit Alkohol verheerende Wirkungen erzeugen kann. Die Erkrankten nehmen die Realität verändert wahr, haben mitunter Wahnvorstellungen und/oder schwerwiegende Denkstörungen. Dies wurde vor Gericht erläutert.

Die angesprochenen Probleme seien aber verleugnet worden - "eine typische Reaktion", erkannte der Psychologe. So beschaffte sich der Angeklagte dann tatsächlich später eine Waffe im Milieu am Kölner Hauptbahnhof, um am 16. Juni vergangenen Jahres hinterrücks auf seinen Bruder fünf Schüsse abzufeuern, kurz nachdem die Sportler die Straße damals während des Halbmarathons passiert hatten. Der ältere Bruder wurde schwer verletzt und wurde nach erster notärztlicher Betreuung ins Opladener St. Remigius Krankenhaus gebracht. Der Prozess wird Dienstag Fortgesetzt.

(sg-)
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