Leverkusen Angeklagter bricht Schweigen für Bedauern

Leverkusen · Köln (sku) Ganz zum Schluss brach der Angeklagte doch noch sein Schweigen: Mit dünner Stimme und hektischen Sätzen entschuldigte sich der 26-jährige Leverkusener gestern vor dem Landgericht Köln für seine Taten. "Ich habe sehr viel nachgedacht", sagte der Mann, der seit mehr als zwei Jahren eine andere Haftstrafe absitzt. Er sei einsichtig und wolle an sich arbeiten.

Seine zwei Verteidiger hatten ihr Plädoyer zuvor mit heftiger Kritik am Umgang mit ihrem Mandanten geschlossen. "Er wurde wie ein Monster behandelt", befand Rechtsanwalt Ingo Thiée. Einzelhaft, Verschottung des Gerichtssaals, Kontaktsperre zur angeblichen Verlobten: Diese Umstände müssten im Urteil berücksichtigt werden, die Haftstrafe solle deutlich unter den vom Staatsanwalt verlangten sieben Jahren liegen.

Weil mehrere Brüder des Angeklagten einschlägig vorbestraft seien, habe die Polizei gleich an sexuelle Übergriffe und Förderung der Prostitution gedacht, argumentierten die Verteidiger. "Das war der Anker- und Orientierungspunkt der Ermittler", sagte Thiée. Auch Staatsanwalt Jürgen Krautkremer hatte zugestanden, bei der Polizei seien wegen des Familiennamens "alle roten Lampen" angegangen.

Schon in seinem Plädoyer hatten die Sexualdelikte aber so gut wie keine Rolle mehr gespielt – vor allem, weil eins der beiden mutmaßlichen Opfer vor Gericht gesagt hatte, ihre polizeiliche Aussage sei frei erfunden gewesen (wir berichteten). Mit Blick auf das Opfer, das an seinen Vorwürfen festhält, stellten die Anwälte heraus, die 26-Jährige sei mehrmals freiwillig zum Angeklagten zurückgekehrt.

Beide erkannten die teils heftigen Körperverletzungs-Delikte des Angeklagten an. Trotzdem: "Die Masse der erhobenen Vorwürfe hat sich erhärtet, die Qualität aber nicht", betonte Andreas Bartholomé. Auch die einzige verbliebene Vergewaltigung, die der Staatsanwalt noch als erwiesen ansieht, wies er zurück. "Es handelt sich hier um ein völlig aus der Bahn geratenes Verhältnis", sagte der Anwalt. Der Angeklagte sei jedoch für die Allgemeinheit nicht gefährlich und verdiene eine Perspektive. Das Urteil der 13. Großen Strafkammer fällt am Freitag.

(RP)
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