Schlebuscher Waldsiedlung Ärger um Gasleitung kocht wieder hoch

Schlebusch · Anwohnerin der Waldsiedlung hat Termin bei Stadtchef. Politik fordert Verwaltung auf, mit Open Grid zu sprechen.

 Magentafarbene Pflöcke kurz hinter der Grundschule „Waldschule“ in der Waldsiedlung markieren den Verlauf der Erdgas-Hochdruckleitung. 2021 soll Baustart sein.

Magentafarbene Pflöcke kurz hinter der Grundschule „Waldschule“ in der Waldsiedlung markieren den Verlauf der Erdgas-Hochdruckleitung. 2021 soll Baustart sein.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Eigentlich hatte sie nur einen Termin mit dem Förster, weil Äste von Waldbäumen „wie Damokles-Schwerter über unserem Garten hängen“. Jetzt hat eine 73-jährige Anwohnerin nächste Woche einen Termin beim Oberbürgermeister wegen der Gasleitung, die die Firma Open Grid Europe scharf an der Waldsiedlung und somit auch der Waldschule vorbei bauen will.

Der Förster verriet der engagierten Frau, dass er die Äste nun nicht entfernen werde, sondern erst, wenn die Gasleitung kommt. „Da bin ich wach geworden. Von dem Thema hatte man lange nichts gehört“, erzählt die Schlebuscherin. Als sie im Wald hinterm Haus Rufen und Trampeln wahrnahm und nachhakte, „sagten mir die dort arbeitenden Männer, sie seien Vermesser und wegen der Gasleitung da.“

Die 73-Jährige informierte sich genauer: „Die Rohre, die verlegt werden sollen, sind dick wie ein Hula-Hoop-Reifen.“ Dass Fachleute sagen, die Leitung solle einen Sicherheitsabstand von 300 Metern haben, und die, die verlegt werden soll, werde nur 30 Meter Abstand zu Schule und Grundstücken haben, ärgert sie. „Gasleitungen müssen sein. Aber wenn die Möglichkeit wie hier besteht,  dann weiter weg von der Siedlung, denn hier leben Menschen“, sagt die Schlebuscherin, die in der Nachbarschaft Infoblätter verteilte. „Wer trägt die Verantwortung, wenn da etwas passiert? Wir sind alle nur Menschen, auch die Mitarbeiter der Gasleitungsfirma.“

Open Grid Europe, für den Bau der Leitung zuständig, bestätigt, dass „die jetzt durchgeführten Vermessungsarbeiten und Auspflockungen“ der technischen Arbeitsvorbereitung dienen. Baustart für die Leitung soll Anfang 2021 sein, vorbereitende Arbeiten wie das Freiräumen der Trasse seien fürs letzte Quartal 2020 vorgesehen. Die Firma wartet ebenso wie die Stadt auf Post aus Leipzig, denn da ist ein Verfahren anhängig.

In der Sonderratssitzung am Montag fasste Michael Rudersdorf von der Stadt das juristische Geschehen zusammen: Beim Oberverwaltungsgericht Münster sei die Stadt mit ihrer Klage zur Verlegung des Leitungsverlaufs weiter in den Wald hinein 2017 unterlegen. Sie legte Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein. Das prüfe den Fall noch. Bis eine Entscheidung getroffen ist, solle jedwede Maßnahme zum Bau der Hochdruckleitung gestoppt werden, verlangt die Politik. Die CDU beantragte, dass die Stadt bei Open Grid fordere, „das Urteil der noch anhängigen Nichtzulassungsbeschwerde... abzuwarten, und den sofortigen Stopp der vorbereitenden Arbeiten an der geplanten NETG-Hochdruck-Gasleitung im Waldgebiet östlich der Waldsiedlung, unmittelbar angrenzend an die Waldschule“. Die Union meint, dass es der Respekt vor einem gerichtlich anhängigen Verfahren gebiete, die Entscheidung des obersten Verwaltungsgerichts abzuwarten, bevor die Arbeiten aufgenommen werden, auch wenn sie nur vorbereitend seien. Rudersdorf merkte an, dass Bürger und Stadt nur auf Kulanzbasis mit Open Grid sprechen könnten. Dezernent Markus Märtens bot dies an, um ein weiteres vorbereitendes Arbeiten aufzuhalten. Der CDU-Antrag wurde beschlossen. Bernhard Marewski (CDU) bemängelte eine fehlende Transparenz bei Open Grid und ein Herunterspielen durch die Stadt, die eine Stellungnahme vorbereitet hatte, in der es etwa heißt, die Beschwerde in Leipzig habe in Bezug auf die Baumaßnahmen keine aufschiebende Wirkung. Daher könne mit dem Bau auch vor einer Gerichtsentscheidung begonnen werden. Marewski reicht dies nicht: „Ich erwarte, dass etwas Schriftliches von Open Grid bei der Stadt vorliegt, was die genau in der Waldsiedlung vorhaben.“

Die Anwohnerin entwickelt derzeit Ideen für Aktionen, „wenn die Stadt jetzt nicht noch ein paar Strippen zieht“.

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