Hilfsangebot in Leverkusen 35 Jahre Frauennotruf – Gewalt nicht tolerieren

Leverkusen · „Wir gehen davon aus, dass jede siebte Frau sexualisierte Gewalt erlebt“, sagt der Verein. Damit dies aufhört, fordert er fordert ein Umdenken in der Gesellschaft.

 Die Aktiven im Verein arbeiten an Reformen.

Die Aktiven im Verein arbeiten an Reformen.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Manchmal muss erst etwas passieren, damit sich etwas ändert. So waren die sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht 2015 der Auslöser dafür, dass das Land dem Frauennotruf Leverkusen höhere Zuschüsse gewährte. Am Donnerstag, zur Feier des 35-jährigen Bestehens, war dieses Ereignis kein Thema mehr. Vielmehr ging es um die Anfänge und Erfolge der Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt, die seit 2009 in der Damaschkestraße 53 untergebracht ist.

Es begann damit, dass Traudel Welte und zehn andere Frauen 1986 einen Verein als feministisches Projekt gründeten, nachdem sie festgestellt hatten: „Eine vergewaltigte Frau wird von dieser Gesellschaft nicht ernst genommen.“ Gestern bilanzierte Welte: „Es hat sich gelohnt zu kämpfen und immer wieder zu verdeutlichen, dass dieses Thema in die Öffentlichkeit muss.“ Dort sei es zwar angekommen, stellte Sabine Rusch-Witthohn vom Vorstand fest, aber überwiegend negativ besetzt.

Vielfach sei nicht bekannt, wieviel Gewalt und Übergriffe es tatsächlich gebe, erklärte Andrea Frewer, Leiterin der Beratungsstelle. „Wir gehen davon aus, dass jede siebte Frau sexualisierte Gewalt erlebt. Einer europaweiten Studie zufolge sagen 60 Prozent der Frauen aus, dass sie sexuell belästigt werden.“

Ziele seien deshalb, alle Formen von sexualisierter Gewalt aufzuzeigen, Unterstützung zu gewährleisten und Strukturen langfristig zu verändern. Rusch-Witthohn unterstrich: „Wir wollen erreichen, dass Frauen in jeder Form wertgeschätzt werden.“ Bereits die Strafrechtsreform 2016 habe zu positiven Veränderungen beigetragen, seither gelte „Nein heißt Nein“. Auch die „#Me too“-Bewegung (zu Deutsch: Ich auch) habe gezeigt, wie präsent das Thema sei.

Dennoch gebe es weiterhin viel zu tun, so Fewer. Schließlich sei nicht nur ein Täter schuldig. Vielmehr seien gesellschaftliche und patriarchalische Strukturen dafür verantwortlich, dass Übergriffe an Frauen als legitimes Mittel gesehen würden, um Macht zu demonstrieren. „Wir müssen unsere gesamtgesellschaftlichen Strukturen verändern“, forderte Frewer, die mit ihrem Team und acht Ehrenamtlerinnen intensiv an Reformen arbeitet.

Vorerst stehe ein Ausbau der virtuellen Beratungsstelle und die Digitalisierung auf der „To do“-Liste. „Die Räume sind nicht ideal. Wir würden uns auch mehr Angebote wünschen, speziell für junge Frauen.“ Das nächste Wiedersehen ist im Übrigen für Karneval geplant, wenn Frauen und Mädchen beim Personal in 18 Leverkusener Gaststätten mit dem Codewort „Ist Luisa hier?“ um Hilfe bitten können.

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