Aktionärsversammlung 3,1 Mrd. Umsatz – warum Lanxess die EU braucht

Für den Chemiekonzern Lanxess sind Europa und die EU nicht nur ein Papiertiger, sondern der Heimatmarkt. Und deswegen hat Konzernchef Matthias Zachert am Donnerstag eine Rede gehalten, die fast ein Bewerbungstext für ein EU-Parlamentsmandat hätte sein können.

 Matthias Zachert wirbt für die Idee Europa.

Matthias Zachert wirbt für die Idee Europa.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Leidenschaftlich rief er bei der Hauptversammlung den 1100 Aktionären in der Lanxess-Arena zu: „Gehen Sie am Sonntag wählen.“ Und: „Europa befindet sich zunehmend in Gefahr. Wiedererstarkende nationalistische und populistische Parteien in vielen Ländern unseres Kontinent missbrauchen die EU als Feindbild für ihre Propaganda. Und wozu anhaltende Falschinformationen und überbordender Populismus führen können, sehen wir ja derzeit in Großbritannien. Der Brexit ist zweifelsohne ein Projekt ohne jegliche Gewinner.“

Dass ein Konzernmanager so ausladend politisch wird, das irritierte offenbar einige Aktionäre. Einer merkte scharf an: „Wir sind hier nicht zur Europawahl.“ Man sei da, um die Konzern- und Aktienergebnisse zu besprechen, monierte er.

Allerdings: Zachert hat seinen Grund, um für Europa zu werben. Einen aus wirtschaftlicher Sicht durchaus wichtigen. Lanxess beschäftigt in der EU rund 9000 seiner Mitarbeiter und machte hier im vergangenen Jahr 3,1 Milliarden Euro Umsatz, hier sitzen viele wichtige Kunden. Sie ist laut Zachert der weltweit größte existierende Binnenmarkt. „Wir produzieren und beliefern Kunden auf allen Kontinenten der Erde. Aber selbst als wirklich globalisiertes Unternehmen bleibt Lanxess im Herzen ein europäischer Konzern.“ In der EU unterhält das Chemie-Unternehmen 34 Standorte. Der größte produzierende unter ihnen  – und auch weltweit – ist Leverkusen mit mehr als 3000 Mitarbeitern.

Apropos weltweit: Auch  auf die aktuelle globale Lage mit etlichen Unsicherheitsfaktoren ging Zachert ein: Die Managerriege, die im Juni um ein Mitglied (Anno Borkowsky, wir berichteten) erweitert wird, glaubt nicht, dass sich die wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Stimmung „fundamental aufhellen“ werde, Stichwort dazu: der Streit der USA und China.

Zachert verteilte auch Kritik an die EU-Politik: zu lahme Realisierung des digitalen Binnenmarkts, zu viel Regulierung für die Industrie, insgesamt jede Menge Reformbedarf, diagnostizierte er. Dies können aber nur angegangen werden, wenn  „die EU stark und funktionstüchtig bleibe“. Das aber gelinge nur, wenn bei der Europawahl von möglichst vielen die europäisch Idee mitgetragen werde. Dafür kassierte Matthias Zachert nicht nur Kritik, sondern auch Zwischenapplaus.

Zachert (Vertrag bis 2024) und seine Vorstandskollegen wurden von den Aktionären ebenso entlastet wie der Aufsichtsrat, der Dividendenvorschlag von 90 Cent angenommen (weitere Berichte folgen).

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