Leichlingen Zum 100. Geburtstag Post vom Bundespräsidenten

Leichlingen · Ob sie aufgeregt ist vor dem großen Fest? "Nein", wehrt Gerta Guder spontan ab, das sei sie nicht. Schließlich kennt sie sich aus mit Geburtstagen, denn sie hat schon 99 hinter sich.

 Gerta Guder feiert heute mit ihrer Familie und Verwandtschaft ihren 100. Geburtstag. Auch Bürgermeister Ernst Müller hat sich angekündigt.

Gerta Guder feiert heute mit ihrer Familie und Verwandtschaft ihren 100. Geburtstag. Auch Bürgermeister Ernst Müller hat sich angekündigt.

Foto: Uwe Miserius

Heute vor 100 Jahren wurde die alte Dame in einem kleinen Dorf bei Liegnitz in Westpreußen geboren. Dort machte sie eine Lehre und arbeitete als Kontoristin bei der Schlesischen Feuerversicherung, bis sie ihren Mann heiratete, der ein großes Acht-Familien-Haus und eine Schreinerei hatte.

In diesem Dorf wurden auch die beiden älteren Töchter geboren. Aber das gute Leben währte nicht lange. Die Familie musste fliehen. Das einzige Glück war für Gerta Guder, dass sie mit zwei kleinen Kindern nicht alleine auf der Flucht war. Ihr Mann war verwundet aus dem Krieg zurückgekehrt. Verschiedene Flüchtlingslager hat die Familie durchlaufen, überall konnte man einen Handwerker gebrauchen.

"Coburg ist eine wunderschöne Stadt", schwärmt die 100-Jährige. Dort lebten sie für kurze Zeit, ebenso in München und St. Goarshausen. In Prüm haben sie sich schließlich niedergelassen und ein neues Haus mit Schreinerei gebaut. Dort ist auch das dritte Kind geboren — wieder ein Mädchen und damit nicht der ersehnte Nachfolger für den Handwerksbetrieb. Dass eine der Töchter den Beruf erlernen könnte, darauf sei damals niemand gekommen.

Die Familie hatte im ländlichen Prüm einen schweren Stand, denn sie waren nicht nur als verarmte Flüchtlinge in die alteingesessene Gemeinschaft gekommen, sondern dazu noch evangelisch in einem erzkatholischen Landstrich. Nach dem Tod ihres Mannes zog Gerta Guder 1998 in das Haus der Tochter in Leichlingen. Dort bewohnt sie bis heute ihre eigene Wohnung im Erdgeschoss. Die ist samt Terrasse und Garten gerüstet für den heute erwarteten Besucheransturm. 50 Personen werden es sein.

Die sind schnell beisammen bei drei Töchtern, vier Enkeln und acht Urenkeln im Alter zwischen neun und 18 Jahren. Auch der Bürgermeister hat seinen Besuch zu diesem Ehrentag angekündigt. Die Geburtstags-Post aus dem Bundespräsidialamt mit der Unterschrift von Joachim Gauck ist schon gestern eingetroffen. Die Jubilarin, die noch bis vor einem guten Jahr regelmäßig den Seniorentreff der evangelischen Kirchengemeinde besuchte, ist mittlerweile etwas wackelig auf den Beinen.

Das hält sie nicht davon ab, täglich Staub zu wischen — ausgesprochen gründlich, wie ihre Töchter versichern. Außerdem liest sie viel und gerne — und sie liest noch vor. Gerta Guder hört zwar schlecht, ist aber sonst noch kerngesund und hat einen ordentlichen Appetit. Ihr Lieblingsgericht sind Klöße, schlesische natürlich.

(mkl)
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