Leichlingen Woche der Wahrheit für "Precise"

Leichlingen · Heute verhandelt der Betriebsrat des insolventen Präzisionsspindelherstellers über die Gründung einer Transfergesellschaft, in die rund 70 gekündigte Mitarbeiter wechseln sollen. Der Gläubigerausschuss berät dann nächste Woche, ob die Mitarbeiter-Initiative "Precise" übernehmen darf.

Eigentlich müsste der Tag in dieser Woche 36 Stunden haben, damit Brunhild Andree-Wagner alles zeitlich geregelt bekommt, was sie sich vorgenommen hat. Es ist immerhin die Woche der Wahrheit für den Leichlinger Präzisionsspindelhersteller Precise und seine Betriebsratschefin. Eine Woche, in der es sich wohl entscheiden wird, ob die Mitarbeiterinitiative das Unternehmen am Wallgraben ab dem kommenden Jahr übernehmen darf, oder ob der Betrieb zerschlagen wird. Andree-Wagner ist zuversichtlich: "Wir können das schaffen."

Kündigungen erhalten

Zunächst aber hatten die Mitarbeiter erst einmal einen Termin beim Arbeitsamt — jeder für sich: Denn vergangenen Freitag wurden, wie zuvor bereits angekündigt, die Kündigungen zugestellt. Heute verhandelt die Betriebsratschefin mit dem Anbieter einer Transfergesellschaft, in die 73 Precise-Mitarbeiter vorübergehend wechseln könnten. "Für 20 von ihnen besteht sogar die Chance, bald wieder bei Precise eingestellt zu werden", sagt Andree-Wagner: "immer vorausgesetzt natürlich, wir bekommen den Zuschlag." Darüber entscheiden muss in der nächsten Woche der Gläubigerausschuss, der aber laut der Precise-Belegschaft überwiegend "mit arbeitnehmerfreundlichen Leuten" besetzt ist.

Ein weiteres Pfund, das laut Andree-Wagner für die MitarbeiterInitiative spricht: Bisher habe dem Insolvenzverwalter zufolge noch niemand ein Angebot abgegeben, das über dem Zerschlagungswert der Firma liegt: "Unser eigenes wird dieses Ziel aber ganz deutlich erreichen."

100 000 Euro haben die Mitarbeiter selbst aufgebracht, weitere 100 000 werde von einem Investor beigesteuert, der auch den Geschäftsführer für das Unternehmen stelle. Brunhild Andree-Wagner will den Namen zwar noch nicht verraten, ist aber stolz darauf, dass es sich um einen Leichlinger handelt. Ob er und die Mitarbeiter letztlich zum Zug kommen, hängt aber auch noch von der Rückmeldung der Banken ab. "Eine behandelt das Thema gerade in ihrem Fachausschuss", erklärt die Betriebsratschefin, bei zwei anderen warte man noch auf Rückmeldung.

Dass so viele Gespräche zu führen, so viele Termine zu koordinieren und die Ergebnisse aufeinander abzustimmen sein würden, hätte sich Brunhild Andree-Wagner nicht träumen lassen, als sie sich vor Monaten an die Spitze der Precise-Rettungsbewegung setzte. Jetzt scheint ein Erfolg greifbar nahe. "Danach", kündigt Andree-Wagner lachend an, "bin ich reif für eine Kur."

(RP)
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