Auf Spurensuche Wie das Obst nach Leichlingen kam

Leichlingen · Schon im 15. Jahrhundert lebten die Menschen vom Obstanbau. Das Stadtarchiv verwahrt Dokumente über Obstbauer und den ersten Obstmarkt.

 So sah Leichlingen circa 1940 aus. Warum die Stadt auch Obstkammer des Bergischen Landes heißt, wird beim Anblick der blühenden Obstbäume klar.

So sah Leichlingen circa 1940 aus. Warum die Stadt auch Obstkammer des Bergischen Landes heißt, wird beim Anblick der blühenden Obstbäume klar.

Foto: Stadtarchiv Leichlingen

Die „Blütenstadt“ nennt sich Leichlingen stolz, und das mit vollem Recht. Wer in diesen Tagen die Landstraßen entlang fährt, sieht die großen Obstplantagen links und rechts. In Hofläden werden die Produkte das ganze Jahr über verkauft.

Dabei kann die Stadt auf eine lange Geschichte des Obstanbaus zurückblicken, wie auch ein Blick in die Dokumente im Leichlinger Stadtarchiv verrät. Schon um 1500 stellte der Obstanbau an der Niederwupper einen Haupterwerbszweig dar, der seiner Bedeutung entsprechend in dem alten Lützenkirchener Scheffensiegel seine Würdigung fand: eine Birne mit zwei Blättern als Siegelmotiv.

 Diese beiden haben es sich im Schatten der Obstbäume bequem gemacht – mit Blick auf die Ortschaft.

Diese beiden haben es sich im Schatten der Obstbäume bequem gemacht – mit Blick auf die Ortschaft.

Foto: Stadtarchiv Leichlingen

„Im Jahr 1822 sind in Leichlingen 2450 Obstbäume, größtenteils Zwetschen und Kirschen, angepflanzt worden. Die Gesamtzahl der in der hiesigen Gemeinde gepflanzten Obstbäume – Äpfel, Birnen, Zwetschen und Kirschen – beträgt 49.200“, überlieferte der damalige Bürgermeister von Leichlingen, Joseph Everhard. Zahlreiche Hofschaften, umsäumt von Hochstammobstbäumen, prägten einst das Landschaftsbild. Im Frühjahr, während der Baumblüte, war Leichlingen die Ausflugsattraktion. Am Sonntag der Hauptblüte, dem Blütensonntag, strömten Besucher von nah und fern nach Leichlingen, Sonderzüge trafen ein, und über den Blütensonntag 1928 wurde überliefert: „An jenem Sonntag wurde die Stadt regelrecht trockengelegt. Der Ansturm von Besuchern und Blütenfahrern war so gewaltig, dass am späten Nachmittag kein Geschäft mehr Bier, alkoholische Getränke, Kaffee, Erfrischungen oder Speisen anbieten konnte.“

Bis ins 19. Jahrhundert lebten die Menschen hauptsächlich von der Landwirtschaft und dem Obstbau, auch wenn sich nach und nach immer mehr Industrie im Bergischen Land ansiedelte. Viel über die Geschichte des Obstanbaus verraten Publikationen über den Leichlinger Obstmarkt, der seit 1896 Besucher in die Stadt zieht. In einer erdkundlichen Beschreibung des Herzogtums Berg unter dem Titel „Topgraphia Ducatus Montani“, die am 1. Mai 1715 an den Landesherren Johann Wilhelm überreicht wurde, heißt es vom Amt Miselohe: „Dieses Amt ist zwar gegen andere klein zu rechnen, jedoch dabei sehr gut und ist dasjenige, aus welchem das meiste Obst verkauft und in Schiffe auf dem Rhein gebracht wird.“

 In den Büscherhöfen hat es Mitte der 50er Jahre so ausgesehen. Fachwerkhäuser und Bäume dominierten das Bild der kleinen Stadt.

In den Büscherhöfen hat es Mitte der 50er Jahre so ausgesehen. Fachwerkhäuser und Bäume dominierten das Bild der kleinen Stadt.

Foto: Stadtarchiv Leichlingen

Der erfolgreiche Obstbau ist auch Fachleuten der Obstbaukunde, sogenannten Pomologen, zu verdanken. Dazu gehören Johann und Heinrich Flandrian und Carl Hesselmann. Dieser war Hauptlehrer in Witzhelden, und von ihm ist eine Korrespondenz mit Kaiser Wilhelm I. aus dem Jahr 1875 erhalten. Dabei wird ihm gestattet, eine neue Apfelsorte nach dem Kaiser zu bennen, den „Kaiser-Wilhelm-Apfel“.

 Marc Sievert ist Leichlingens Stadtarchivar und sichtet historische Unterlagen. Viele beschäftigen sich mit dem Obstanbau der Stadt.

Marc Sievert ist Leichlingens Stadtarchivar und sichtet historische Unterlagen. Viele beschäftigen sich mit dem Obstanbau der Stadt.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Ein weiterer Mann, der sich sehr um den Obstanbau verdient machte, war Rat Deycks, eigentlich Advokat, der 1797 ein Mustergut anlegte, um die Wirkung von Boden und Klima auf verschiedene Obstsorten zu untersuchen. Dabei litt die Region damals unter den Auswirkungen des Krieges, der viele Höfe verwüstet hinterließ. Für seine Verdienste um den Obstanbau und die Entwicklung der Landwirtschaft sollte er geadelt werden. Das lehnte er jedoch ab, ebenso wie die Annahme von Orden. Später wurde er Bürgermeister von Opladen.

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