Leichlingen Verrückte Sachen aus der Barockzeit

Leichlingen · "Das Programm heute ist irgendwie cool", versprach Serge Schoonbroot, bevor er die Treppen zur Orgelbank hinaufstieg, "verrückte Sachen aus der Barockzeit." Und nicht zufällig stecke im Namen dieser Epoche das Wort "Rock".

"Cool" war übrigens nicht nur das Programm, sondern vor allem der Interpret aus Lüttich. So war dieses vorletzte Konzert in der Reihe "Leichlinger Orgelsommer" in jedem Fall das lockerste, denn der Organist sorgte dafür, dass die Zuhörer in nicht allzu andächtige Stimmung verfielen. Schon dadurch, dass er den Applaus nach jedem Stück provozierte und nicht erst am Ende dieses Abends, der manch neue Hörerfahrung brachte.

Orientalisch anmutende Harmonie

Schoonbroot moderierte von der Orgelempore, die kräftige Stimme dazu hat er als ausgebildeter Sänger. "Wenn Sie heute neben der Orgel eine zweite Stimme hören, das bin ich", hatte er die Besucher vorbereitet.

Und dann kam ein Stück für menschliche Stimme und Pfeifen, die so gar nicht den Hörerfahrungen des christlichen Abendlandes entsprechen. Mit orientalisch anmutenden Harmonien begann Serge Schoonbroot instrumental, bevor er die eigene Stimme in schleifender, sich windender Melodik dort hineinsetzte. Ein faszinierendes Klangereignis, von dem mancher sicher gerne noch mehr gehört hätte.

In erster Linie ist der Musiker aus dem französischsprachigen Teil Belgiens auf Alte Musik spezialisiert. Aus dieser Zeit gab es ein Beispiel für selbst begleiteten Gesang, dieses Mal aus der Gregorianik. Im Wechsel von einstimmiger Melodie und der instrumentalen Verarbeitung des musikalischen Gedankens führte er "Ave Maris Stella" von Nicolas de Grigny aus dem späten 17. Jahrhundert vor.

Aus der gleichen Zeit wie das besonders farbige Präludium und die Fuge in e-Moll von Nikolaus Bruhns, das an einer Stelle nicht ganz original oder jedenfalls ziemlich eigenwillig gespielt erschien. Den Grund verriet der Organist: Die Noten hatte er auf losen Blättern dabei, die anscheinend durcheinandergeraten und vom Registranten während des Spiels gesucht werden mussten. Bei Fehlern immer weitermachen, das habe er von seinem Vater gelernt, übrigens auch schon Organist.

Vom nächsten Stück fehlte ihm eine Seite komplett, was aber für Schoonbroot kein Grund gewesen wäre, das Programm nochmals zu ändern. Er hatte alles auf dem Laptop gespeichert und so wandte er die Augen an der entsprechenden Stelle nach links zum Bildschirm. Zum Glück hatte er Bachs berühmte Toccata und Fuge d-Moll in gebundener Form dabei und konnte sich beim Finale ganz auf den Notentext konzentrieren, aus dem er viele bunte Effekte zauberte.

(mkl)
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