Leichlingen Tagesmütter: Angst vor dem Aus

Leichlingen · Immer mehr Anbieter von Tagespflege fürchten um ihre Existenz. Grund: Änderungen beim Kinderbildungs- gesetz (KiBiz). Auch die Leichlingerin Barbara Lieske sieht ihren Job durch behördliche Einschränkungen gefährdet.

 Barbara Lieske hier mit Maya, einem der Kinder, die die Erzieherin in ihrer Tagespflegeeinrichtung an der Kirchstraße betreut. Lieske sagt: "Nachmittags sind kaum noch Kinder hier – aber die Lücken schließen darf ich nicht."

Barbara Lieske hier mit Maya, einem der Kinder, die die Erzieherin in ihrer Tagespflegeeinrichtung an der Kirchstraße betreut. Lieske sagt: "Nachmittags sind kaum noch Kinder hier – aber die Lücken schließen darf ich nicht."

Über Arbeit kann sich Barbara Lieske nicht beschweren: Seit April vergangenen Jahres betreibt die ausgebildete Erzieherin an der Kirchstraße eine Tagespflegeeinrichtung auch für Unter-Dreijährige, deren Konzept auf Musikerziehung fußt. Singen und Musizieren, mit den Kindern Spielen, aber auch Berichte schreiben und andere Verwaltungsarbeiten – zu tun ist eigentlich den ganzen Tag lang mehr als genug.

Doch wenn Barbara Lieske am Monatsende auf ihr Bankkonto blickt, ist ihr ganz und gar nicht mehr nach Musizieren zumute, allenfalls nach einem Trauermarsch. Ganze 800 Euro bleiben der Leiterin da noch zum Leben. "Wenn mein Mann nicht gut verdienen würde, müsste ich aufgeben", sagt sie. Und das, obwohl ihre Einrichtung bei den Eltern sehr beliebt ist und es an Interessenten nicht mangelt.

Beschränkung auf neun Kinder

Grund für die Sorgen und Nöte sind Änderungen des NRW-Kinderbildungsgesetzes (Kibiz), die dieses Jahr in Kraft traten und insbesondere Großtagespflege-Einrichtungen wie die Leichlinger stark beeinträchtigen. Sie sehen unter anderem vor, dass nur noch bis zu neun Verträge mit Eltern abgeschlossen werden dürfen, um familienähnliche Strukturen zu bieten.

Das waren früher deutlich mehr. "Ich kann den Ansatz ja nachvollziehen, sagt Barbara Lieske, "aber warum wird das so unflexibel geregelt?" Denn die meisten Eltern wollten gar keine Vollzeitplätze bis 17 Uhr. Einige bringen ihr Kind nur an zwei Tagen, andere nur vormittags: "Aber ich kann die Lücken, die mir bleiben, nicht schließen, weil die Zahl der Verträge das nicht zulässt."

Ein Unding – findet übrigens nicht nur Barbara Lieske, sondern auch Kolleginnen von ihr in Rösrath und Burscheid. Gemeinsam wollen sie die Öffentlichkeit jetzt "auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam machen". Denn die vom Gesetzgeber geforderte flächendeckende Betreuung Unter-Dreijähriger beschränke sich nicht auf Kitas, sondern schließe ausdrücklich auch Tagesmütter mit ein: "Dann darf man uns aber auch nicht benachteiligen", sagen sie.

Doch auch auf die Stadt Leichlingen ist Barbara Lieske zurzeit nicht gut zu sprechen. Die zahle 5,13 Euro pro Stunde und Kind – "doch davon muss ich Nebenkosten wie Gas und Wasser, anteilig Renten- und Krankenkassenbeiträge und mehr bezahlen". Die Nachbarstadt Leverkusen, aus der ebenfalls ein Kind die Leichlinger Tagespflege-Einrichtung besucht, vergüte nach einem gerechteren System – nicht pauschal, sondern unter anderem nach Sachaufwand gestaffelt. "Warum geht so etwas hier nicht?", fragt die Erzieherin.

"Uns sind die Probleme bekannt, die durch die KiBiz-Änderungen entstanden sind", versichert Leichlingens Jugendamtsleiter Hubert Knops. Man arbeite auch daran, die Auswirkungen abzumildern, denke unter anderem über Nachbesserungen beim Vergütungssystem nach. Aufgrund personeller Engpässe im Amt (siehe auch Artikel "Die Stadt auf Personalsuche") werde dies aber leider noch etwas dauern. "Ich kann da nur um Verständnis bitten", betont Knops, der verspricht: "Wir werden uns das ganz genau anschauen."

Nachbesserungen kann Barbara Lieske nur begrüßen. Sie hatte unlängst einige Unklarheiten mit Details ihrer Verträge, wie sie berichtet. Dann fügt sie hinzu: "Während für das Leverkusener Kind, das ich betreue, die dortige Stadtverwaltung die entsprechenden Details einfach umgeschrieben hat, musste ich in Leichlingen ganz neue Verträge machen und habe insgesamt drei Monate lang kein Geld bekommen."

(RP)
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