Leichlingen Tabakindustrie verführt Kinder

Leichlingen · Mit einer bewussten, politische Provokation tritt die Klinik Roderbirken jetzt an die Öffentlichkeit: Sie prangert das Gebahren der Zigarettenindustrie und insbesondere des Malboro-Herstellers Philip Morris an. Zum Weltnichtrauchertag am 31. Mai "hängen" sich der stellvertretende Ärztliche Direktor, Dr. Tobias Gampert, und Klinik-Psychologe Peter Thönes ganz bewusst "aus den Fenstern" der idyllisch im Grünen gelegenen Klinik. Ihr Feldzug gilt der subtilen Verführung, mit der die Zigarettenindustrie in ihrer Werbung Kinder und Jugendliche verführt.

Während sich die Plakate hauptsächlich an die Patienten wenden, tritt die Klinik Roderbirken aber auch an die Jugendlichen selbst heran. Im Leichlinger Gymnasium wird Peter Thönes einen kritischen Fernsehbeitrag über das "nahezu kriminelle Gebahren der Zigarettenindustrie" (Zitat Dr. Gampert) zeigen und mit den Schülern anschließend über diese Problematik sprechen.

Die Klinik Roderbirken präsentiert in dem am meisten von ihren Patienten frequentierten Gang zu den Funktionsuntersuchungen eine Auswahl von Plakaten, die in einem Wettbewerb des "Forums Rauchfrei" 2009 in Universitäten, Fachhochschulen und Akademien entstanden waren. Gezeigt wurden diese Plakate zunächst in Berlin. Dr. Gampert hat, selbst Vater einer heranwachsenden Tochter, die Plakate so ausgewählt, dass die Gefährdung für Kinder durch die Zigarettenwerbung besonders deutlich wird. Denn das Einstiegsalter liege bei 11.6 Jahren. "Und wenn ein Zwölfjähriger mit dem Rauchen anfängt, dann ist die Suchtgefahr um ein Vielfaches größer als bei Erwachsenen", weiß der Facharzt. Dem Zigarettenhersteller Philip Morris wirft Dr. Gampert vor, in seiner Malboro-Werbung ganz gezielt die Altersgruppe der ab Zwölfjährigen anzusprechen: "Obwohl Zigarettenwerbung, die sich an Kinder und Jugendliche richtet, verboten ist", verdeutlicht der Arzt. Philip Morris zeige zwar in seiner Malboro-Werbung vordergründig nur Erwachsene, darunter aber auch junge Gesichter, die durchaus Elf- oder Zwölfjährige gehören könnten: "Zwölfjährige sind heutzutage so weit, wie früher die 16-Jährigen", weiß Gampert. Aber vor allem der Text der Malboro-Werbung verführe junge Menschen zum Rauchen: "Da haben Werbefachleute eine Wortschöpfung kreiert, das es eigentlich nicht gibt: Don't be a Maybe. Be a Malboro!", zitiert der Arzt aus der Werbung. "Dieses englische Zitat richtet sich aber ganz genau an die Zielgruppe der ab Zwölfjährigen. Die wollen nämlich cool sein und dazu gehören", verdeutlicht Gampert.

Die Patienten der Klinik Roderbirken hätten übrigens schon sehr positiv auf die Plakate reagiert, denn sie zielten mal in eine andere Richtung als immer nur den Vorhalt, wie gefährlich das Rauchen doch sei. Dr. Gampert sagt; "Wir zeigen hier auf, was die Zigarettenindustrie mit den Kindern und Enkeln unserer Patienten macht." Und dieser Gedankenstoß sei bei vielen bereits angekommen.

(RP/ac)
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