Angebliche Körperverletzung Streit um Regenschirm eskaliert – Freispruch vor Gericht

LEICHLINGEN · Und das alles wegen eines Regenschirms! Schon die Ansammlung mehrerer junger Damen vor dem Saal 4 des Opladener Amtsgerichts sorgte für Verwunderung. Sie alle waren Schülerinnen einer Berufsschulklasse für Altenpflegerinnen.

Angebliche Körperverletzung: Streit um Regenschirm eskaliert – Freispruch vor Gericht
Foto: dpa, Daniel Bockwoldt

Was war passiert?

Im vergangenen Jahr gab es mächtig Zoff zwischen zwei Damen – oder soll man besser Mädchen sagen? – nach dem Unterrichtsschluss an diesem regnerischen 27. Juli in Leichlingen. Weil eine Schülerin einfach einen Regenschirm, der ihr nicht gehört haben soll, nach dem Unterricht mitnahm, stellte sie die Besitzerin zur Rede.

Nun saß aber nicht die mutmaßliche Diebin auf der Anklagebank, sondern die angebliche Eigentümerin des schwarzen Stockschirms, nicht einmal ein wertvolles Modell. Es kam zu einer lautstarken Auseinandersetzung, wie die Angeklagte einräumte. Da sie aber lieber den Streit nicht eskalieren lassen wollte, gab sie nach: „Ich streite mich doch nicht um einen billigen Regenschirm.“

Dennoch ging es weiter: Kurz danach lief man sich auf dem Parkplatz der Schule wieder über den Weg, wieder wurden nicht freundliche Worte ausgetauscht. Schließlich warf die „Diebin“ den Schirm der „Besitzerin“ vor die Füße. Somit hätte der „Zicken-Krieg“ beendet sein können. Doch es gab ein Nachspiel, das nun das Leverkusener Amtsgericht beschäftigten sollte.

Denn die „Diebin“, nun ohne Schirm, wurde angeblich von ihren Eltern abgeholt. Sie wies auf Kratzer an ihrem Hals hin, angeblich von der „Schirmbesitzerin“, die sie gewürgt und gekratzt haben soll – Körperverletzung. Die Verletzte begab sich noch am späten Nachmittag zu ihrem Hausarzt, der die Kratzer attestierte und seiner Patienten den Tipp gab, zur Polizei zu gehen und eine Strafanzeige aufzugeben.

Nun nahmen die Dinge ihren Lauf, aber nicht so ganz gewöhnlich wie bei dem Offizialdelikt Körperverletzung üblich. Jedenfalls verzichtete die Polizei auf die Vernehmung von Zeugen. Einige Schülerinnen der Klasse der angehenden Altenpflegerinnen schilderten nun erstmals als Zeugen vor Gericht das Geschehene.

Zunächst wurde die Geschädigte als Zeugin gehört, die auf ihrer Version als körperlich Angegriffene bestand. Auch als Richter Heymann darauf hinwies, dass man sich strafbar mache, wenn man jemanden zu Unrecht beschuldige. Aber sie blieb bei ihrer Version und verwies auf den ärztlichen Befund.

Die anderen Mädchen, die bei dem Vorfall dabei waren, bestätigten dagegen unisono die Version der Angeklagten: Es kam überhaupt zu keinem körperlichen Kontakt.

Schließlich musste der Staatsanwalt auf Freispruch plädieren, der Verteidiger tat es ohnehin. Richter Heymann schloss sich dem an mit dem Hinweis, dass man nur zu dem verurteilt werden kann, was einem vor Gericht nachgewiesen werden kann. Hier stand Aussage gegen Aussage. Damit endete der Prozess mit dem Hinweise „im Zweifel für den Angeklagten“ – und den Kosten des Verfahrens zulasten der Staatskasse. Für die jungen Menschen war es ein schulfreier Tag, amtlich bescheinigt vom Amtsgericht. Dafür: ein anschaulicher Unterrichtstag über unser deutsches Rechtssystem.

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