Leichlingen Sparen auf Kosten Behinderter?

Leichlingen · Der Landschaftsverband Rheinland stellt die finanzielle Förderung der gemeinsamen Betreuung Behinderter und Nichtbehinderter in Kitas um. In der Leichlinger Arche Noah fürchtet man, dies zerschlage gewachsene Strukturen.

 Auch bei der einen oder anderen Veranstaltung im Land zum 1. Mai wurde das Thema Inklusion aufgegriffen – die LVR-Kürzungspläne werden nicht nur in Leichlingen kritisch gesehen.

Auch bei der einen oder anderen Veranstaltung im Land zum 1. Mai wurde das Thema Inklusion aufgegriffen – die LVR-Kürzungspläne werden nicht nur in Leichlingen kritisch gesehen.

Foto: dpa

Die Verantwortlichen in der Integrativen Kindertagesstätte Arche Noah sind entsetzt. Grund ist ein Rundschreiben des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) von Februar diesen Jahres. Darin hatte der Verband unter anderem angekündigt, die finanzielle Förderung der gemeinsamen Betreuung in integrativen Tageseinrichtungen völlig umzustellen.

Kinder mit Behinderungen sollen eigentlich an allen Angeboten für ihre "normal" entwickelten Altersgenossen in Kindergärten und Schulen uneingeschränkt teilhaben können: Was eine UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung seit 2006 als "Inklusion" vorschreibt, ist von flächendeckender Umsetzung jedoch weit entfernt.

Auch Fahrt- und Essgeld eingespart

"Inklusion ist nur dann gut, wenn die Einrichtungen dadurch nicht ruiniert werden", sagt Arche Noah-Leiterin Marion Klaus. Hintergrund: Der LVR hatte in den Anfängen der Integration behinderter Kinder vor rund 30 Jahren umfangreiche Mittel zum Ausbau integrativer Kita-Gruppen bereitgestellt. Das aber kann sich der Verband seit Jahren nicht mehr leisten.

Eingespart wird deshalb nicht nur das Fahrt- und Essensgeld für Integrativkinder. Auch die ergänzende Finanzierung der Einrichtungsleitung wird für integrative Kitas ab drei Gruppen ab 1. August eingestellt, trotz des deutlich höheren Organisations- und Beratungsaufwandes als in Regeleinrichtungen.

"Dadurch ist die Leitung gezwungen, in den Gruppen zu arbeiten, was letztlich Personalabbau für die dortigen Erzieher bedeutet", erklärt Marion Klaus. Das größte Problem aber sieht Klaus Huckenbeck, Leiter der Integrativgruppe in der Arche Noah, in der geplanten therapeutischen Betreuung der Kinder: "In den Einrichtungen wird es keine festangestellten Therapeuten mehr geben, die die Kinder ganzheitlich betreuen. Die sollen künftig stundenweise in die Kitas kommen und auf Rezept arbeiten, die Leistungen über die Krankenkassen abrechnen. Damit ist keine angemessene kontinuierliche körperliche und geistige Förderung möglich".

Gabriele Schmitz, Fachreferentin Tagesangebote für Kinder des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Nordrhein-Westfalen, ergänzt diese Kritik: "Das ist Stückwerk. Kein Träger wird mehr in der Lage sein, festangestellte Therapeuten über Rezept zu finanzieren." Wenn man Inklusion fachlich verantwortlich umsetzen wolle, brauchten die Einrichtungen mindestens die Gelder, die bislang in die Integration geflossen seien. Schmitz weiter: "Die Fachverbände werden deshalb genau hinschauen und dafür Sorge tragen, dass die Mittel tatsächlich in der Inklusion ankommen".

Klaus Huckenbeck jedenfalls hält die erfolgreiche Integration beziehungsweise Inklusion für gefährdet: "Wenn zukünftig ein oder zwei Integrativkinder in einer Regelgruppe gemeinsam mit Kindern unter drei Jahren und über 20 ,normalen' Kindern ohne durchgängige therapeutische Begleitung betreut werden, werden wir den Integrativkindern nicht gerecht."

(inbo)
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