Leichlingen Rüttgers anrufen — nur schriftlich

Leichlingen · Ein Leichlinger kam diese Woche auf die anmaßende Idee, direkt telefonisch mit Jürgen Rüttgers verbunden zu werden. Die Mitarbeiter in der Staatskanzlei wiegelten ab: Telefongespräche müssten schriftlich beantragt werden.

 Jürgen Rüttgers kommt nach Duisburg.

Jürgen Rüttgers kommt nach Duisburg.

Foto: ddp

Horst Lorenz hat sich geärgert, als er Anfang der Woche der Zeitung entnahm, dass die neue niedersächsische Sozialministerin — obwohl noch gar nicht im Amt — bereits ankündigt hatte, die christlichen Kreuze gehörten nicht in Schulen. Als er gestern den Ärger des Ex-Personalratschefs der Stadt Leverkusen, Dieter Klemmer, mit dem Finanzamt Leverkusen in der RP las, griff er zum Telefonhörer. Lorenz rief zunächst bei der CDU-Landeszentrale an, um mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zu sprechen.

Man verwies ihn auf die Düsseldorfer Staatskanzlei. Auch dort rief Lorenz an. "Ich hörte eine sonore Männerstimme und sagte: Ich will gerne Herrn Rüttgers sprechen", berichtet der Radio- und Fernsehtechnikermeister. Die sonore Männerstimme teilte Lorenz mit, dass Jürgen Rüttgers nicht im Hause sei und deshalb auch nicht zu sprechen. Doch so schnell gab Lorenz nicht auf, verlangte nach Rüttgers' Stellvertreter. Der sei auch nicht zu sprechen, hieß es am anderen Ende der Leitung. Und der Stellvertreter des Stellvertreters? Auch nicht.

Hartnäckiger Bürger

Horst Lorenz blieb hartnäckig. Der Telefonmensch aus der Staatskanzlei auch: Wenn Herr Lorenz ein Telefongespräch mit jemandem der Landesregierung haben wolle, dann müsse er dafür einen schriftlichen Antrag einreichen. Dann würde über einen Termin entschieden, und dieser dann mitgeteilt. "Und nur zu diesem Termin stelle ich Sie durch", belehrte der Mann aus Düsseldorf den 70-Jährigen. Als dieser drohte, das Telefontheater öffentlich zu machen, stellte ihn die Zentrale an ein Sekretariat durch. Die Dame am Telefon versuchte abzuwiegeln. Aber auch bei ihr biss der Leichlinger auf Granit.

"Einen schriftlichen Antrag für ein Telefonat? Das haut mich echt um", moniert Horst Lorenz empört. "14 Tage vor der Wahl muss es doch der Politik gerade daran gelegen sein, freundlich mit den Wählern umzugehen. Gerade, wo Herr Rüttgers im Wahlkampf durch die Lande reist und den Wählern immer versichert, es kommt auf jede Stimme an."

Thomas Breuer, Leiter des Pressereferats der Staatskanzlei Düsseldorf klärte gestern auf: "Für Bürger haben wir unser Bürgercenter mit einer separaten Telefonnummer. Dort werden alle Bürgerfragen aufgenommen. Sollte der Mitarbeiter nicht auf diese Nummer verwiesen haben, handelt es sich um einen bedauerlichen Fehler."

Generell sei es ungewöhnlich, dass ein Bürger direkt den Ministerpräsidenten sprechen wolle. Aber auch dafür sei der richtige Weg das Bürgerdialog-Telefon. "Dort wird das Anliegen bearbeitet. Sollte das Interesse an einem Gespräch mit Herrn Rüttgers da sein, wird ihm das vorgelegt und er entscheidet, ob ein Termin vereinbart wird", sagt Breuer, "oder er gegebenenfalls rasch zurückruft."

Kein Lust auf Rüttgers

Horst Lorenz ist die Lust auf ein Telefonat mit Rüttgers nach dem pikanten Telefonat in dessen Regierungssitz, das gläserne Stadthaus, die Landeshauptstadt vergangen. "Für mich zeigt diese Erfahrung, wie verkrustet unser Staat ist. Die Staatskanzlei sieht sich offenbar als selbstherrliche Instanz", wettert Lorenz, "obwohl da die Diener des Volkes arbeiten und gut besoldet werden, maßen sie sich an, wegen eines kleinen Telefonats eine schriftlichen Antrag vom Bürger verlangen zu können. Da flippt doch der gesunde Volksverstand aus."

(RP)
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