Leichlingen. Reul zu Brexit: Briten beschimpfen nutzt nichts

Leichlingen. · Die britische Entscheidung gegen Europa hat eigentlich alle überrascht. "Stimmung hat über Rationalität gesiegt", betonte Leichlingens Europa-Politiker Herbert Reul (CDU) jetzt im voll besetzten Bürgerhaus Am Hammer, als er zum Thema "Wohin geht die Reise nach dem Brexit-Votum?" sprach.

 Die Briten werden "andere Preise zahlen müssen, als früher", sagt Herbert Reul: "Und viele werden merken, wie teuer Urlaub ist."

Die Briten werden "andere Preise zahlen müssen, als früher", sagt Herbert Reul: "Und viele werden merken, wie teuer Urlaub ist."

Foto: uwe miserius

Reul räumte ein, gleich nach der Abstimmung gab es "relativ viel Streit, auch in der eigenen Truppe." Es habe einiger Sondersitzungen bedurft. Denn es bringe nichts, Großbritannien zu beschimpfen oder unter Druck zu setzen.

Er persönlichhabe " großes Verständnis dafür, dass sich die Briten Zeit mit dem Austritt lassen." Wenn er an deren Stelle wäre, würde er auch erst dann Verhandlungen aufnehmen, wenn er genau wisse, was er wolle. Er vermute, dass dies Anfang 2017 geschehe. Wie die Trennung ende, sei zurzeit nicht absehbar. Und es gebe viele offene Fragen. Zum Beispiel: Was passiert mit den britischen Beamten, die im Parlament beschäftigt sind? Werden die entlassen? Oder was wird aus den Pensionären? Reul: "Es kann nicht sein, dass wir die bezahlen."

Fest stehe aktuell nur, dass die Briten die Europäische Union verlassen, aber im Binnenmarkt bleiben wollen. Vermutungen gingen dahin, dass so etwas wie ein "Britisches Modell" á la "Binnenmarkt Minus" angestrebt werde. Er sei sicher, dass es "am Ende irgendeine Art von Wirtschaftsbeziehungen zwischen Großbritannien und dem restlichen Europa geben wird." Diese werden nach seiner Einschätzung "nicht zum Vorteil von Großbritannien sein." Die Briten werden "andere Preise zahlen müssen, als früher, da bin ich sicher, auch weil die anderen Mitgliedsstaaten nicht in fröhlicher Stimmung sondern eher der Meinung sind, jetzt ist ein Punkt erreicht, den wir nur schwer akzeptieren können." Weitere Auswirkungen des Brexit-Votums: "Im Forschungsbereich wird es ganz dramatisch werden", so Reul, weil das Land zwischen 2007 und 2014 fast sieben Milliarden Euro aus dem Forschungsprogramm der Europäischen Union erhalten habe.

Wirtschaftskräfte und Finanzplätze dächten oder planten aktuell an Umstrukturierungen. Nicht zuletzt würden britische Bürger von ihrem Europa-Urlaub nach Hause zurückkehren und feststellen, wie teuer Urlaub sei.

Entscheidend sei die Abwicklung so zu gestalten, dass andere, die mit dem Gedanken spielten, vielleicht auch noch auszutreten, die Lust daran verlören.

Hauptsache "den Laden" zusammenhalten? "Das wäre zu wenig", glaubt Reul. Denn dass die Briten so entschieden hätten, sei nicht nur ein Problem auf der Insel. In allen europäischen Staaten gebe es nachlassende Bekenntnisse zu Europa. Deshalb setzte er sich massiv für die Zustimmung ein und ganz besonders für eine Lösung der drei großen Probleme: Flüchtlingsfrage, Terrorismus und Wirtschaftswachstum. "In der Politik sind gute Ergebnisse das Wichtigste", erklärte Reul, "alles andere ist Quatsch."

(gkf)
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