Leichlingen Rat ebnet Weg für Stadtgalerie-Prüfung

Leichlingen · Nach einer intensiven Debatte hat der Leichlinger Stadtrat am Donnerstagabend den Grundzügen des neuen Entwurfs für die Umgestaltung der Innenstadt zugestimmt. Die Entscheidung fiel nicht einstimmig, aber mit großer Mehrheit. Die Stadt soll jetzt Zeitablauf und Bürgerbeteiligung organisieren.

Die Mehrheit fiel deutlich aus - doch deshalb auf große Übereinstimmung zu schließen, wäre verkehrt: Nach einer intensiven, teils sehr emotional geführten Sitzung hat der Leichlinger Stadtrat gestern Abend vor etwa 300 Besuchern in der Aula des Gymnasiums den Grundzügen des neuen Planungsentwurfs für die Umgestaltung der Innenstadt mit 26 Ja- und sieben Nein-Stimmen zugestimmt. Die Stadtverwaltung wird damit beauftragt, den Ansatz des Stuttgarter Architekten Bernhard Reiser als Grundlage für das künftige Planungsverfahren zu verwenden und zu prüfen. Außerdem wurde beschlossen:

- Dem Ziel, keine Kosten zu verursachen, wird Rechnung getragen.

- In Abstimmung mit den Partnern wird ein Zeitablauf formuliert.

- Das Vorgehen für eine intensive Bürgerbeteiligung wird entwickelt.

Jener Teil der Bürgerschaft, den die Initiative "Rettet den Stadtpark vertritt, protestierte auch gestern wieder vehement gegen das Vorhaben. Architekt Reiser, der zu Beginn die Grundzüge seiner Planung vorstellen wollte, wurde mit zahlreichen Zwischenrufen unterbrochen. Seine ausführliche Einleitung hatte den Tenor: "Jeder zweite Euro der Bürger wird außerhalb Leichlingens in Leverkusen, Langenfeld, Köln, etc. ausgegeben. Jahr für Jahr gehen so 90 Millionen Euro verloren." Dies kommentierte einige mit "Na und": "Wir arbeiten ja auch woanders. Daher kaufen wir dort ein."

Der argumentative Ansatz desGastes aus Stuttgart fußt jedoch gerade auf dem Argument: Handel prägt die Innenstadt. Wer sie konkurrenzfähig und in die Zukunft führen will, braucht neben attraktiven Freizeitbereichen zwingend hochwertige Einkaufsmöglichkeiten. Und "Hochkaräter" kommen nur bei großer Verkaufsfläche.

So will unter anderem Folgendes umsetzen:

- Verkehr Die Neukirchener Straße wird tiefergelegt. Von der Unterführung zweigen zu beiden Seiten Einfahrten in eine Tiefgarage ab, die rund 500 Stellplätze bieten soll.

- Geschäftsfläche Ein großes Geschäfts- und Wohnhaus soll sich über den heutigen Straßenbereich hinwegziehen. Das bedeutet 8000 bis 10 000 Quadratmeter Geschäftsfläche. Neben dem Vollsortimenter-Supermarkt (Rewe) soll ein Elektromarkt der Kategorie MediaMarkt zudem viele hochwertige Shops anziehen.

- Anbindung Eine neue Wupperbrücke soll den neuen Rathausplatz mit dem alten Zentrum verbinden, Postwiese und Wupperbereiche würden zu hochwertigen Freizeit-Bereichen umgestaltet - mit neuem Grün, Treppen, einer Bühne und einer Kanu-Anlegestelle.

Der Gegensatz zwischen dieser Idee und den Vorstellungen einiger aufgebrachter Zwischenrufer hätte kaum größer ausfallen können. "Wir brauchen keinen H&M oder New Yorker, wir kaufen im Internet", hieß es. Neben solchen Wut-Ausbrüchen wirkte Jens Weber von der Bürgerinitiative deutlich moderater. Auch er vertrat den Ansatz: Man kann eine Stadt auch lebenswert gestalten und für die Zukunft aufstellen, ohne gleich 10 000 Quadratmeter Geschäftsfläche mitten in sie hinein zu verpflanzen. Am Ende gab es für seinen Ansatz und den des Architekten etwa gleich viel Beifall im Saal. Eine Mehrheit ließ sich nicht ausmachen, daran änderten auch die permanenten Zwischenrufe nichts.

Für die Grünen war dies Wasser auf die Mühlen ihres Antrags auf Bürgerbefragung, nach deren Ergebnis sich die Planung richten soll, der aber abgelehnt wurde.

SPD, UWG, FDP, BWL und sieben von zehn CDU-Ratsmitgliedern sahen das anders. Sie betonten, der Weiterverfolgung von Reisers Idee könne durchaus zugestimmt werden, vorausgesetzt, es werden Bedingungen erfüllt.

Bei der CDU-Fraktion, für die Frank Hake das Wort ergriff, sind dies vor allem aufgelockerte kleinere Baukörper, aber auch die Lösung der Kanalproblematik, die man bei einer Tieferlegung der Straße befürchtet. Reisers "mutiger Entwurf" enthalte aber "innovative Ideen, die wir nicht im Keim ersticken wollen". An die Protestler im Saal richtete Hake die Bemerkung: "Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme."

Auch die SPD verknüpfte ihr Ja mit einem "Aber": Das neue Projekt dürfe für Leichlingen nicht zu einer Belastung werden. Aber es schaffe mehr als 300 Arbeitsplätze, halte mehr Kaufkraft in der Stadt und bringe auch dem übrigen Handel einiges. Ähnlich argumentierte Volker Jung (BWL) Für die UWG hatte Hermann Terjung ebenfalls Zustimmung signalisiert: "Wir müssen unseren Bürgern ein Einkaufserlebnis bieten", sagte er. Dazu gehöre ein attraktives Umfeld. "Die Wupper ist uns geschenkt. Nehmen wir das Geschenk an. Die Schleifen müssen wir selber anbringen."

CDU-Ratsherr Rainer Hüttebräucker, der namentliche Abstimmung durchsetzte und selbst mit "Nein" stimmte, verlangte vor allem Information zu den Kosten, die der Stadt entstünden. Bürgermeister Ernst Müller verwies auf die angestrebte Kostenneutralität, räumte aber ein: "Es ist noch viel zu früh für solche Aussagen. Wir haben heute nicht das Projekt beschlossen, sondern dessen Prüfung."

(jco)
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