Leichlingen Precise-Investor springt ab

Leichlingen · Schock für die Mitarbeiter-Initiative, die angetreten war, den insolventen Präzisionsspindelhersteller zu retten. Der Leichlinger Unternehmer, der als Investor einspringen wollte, hat zurückgezogen. Der Todesstoß für die Firma?

Bei Precise Am Wallgraben gehen jetzt wohl ein für allemal die Lichter aus: Der Leichlinger Investor, der zur Gläubigerversammlung des insolventen Präzisionsspindelherstellers im November noch bereit war, mit 100 000 Euro einzusteigen, hat der Mitarbeiter-Initiative kurz vor Weihnachten einen Korb gegeben.

"Er hat mir schriftlich mitgeteilt, dass auch er von der allgemeinen Wirtschaftskrise erfasst worden sei und all seine Kraft nun auf die eigene Firma verwenden müsse", berichtete die ehemalige Precise-Betriebsratschefin Brunhild Andree-Wagner gestern auf Anfrage.

Damit steht einer der früher größten Arbeitgeber Leichlingens vor dem Aus. Seit dem 23. Dezember ist Precise laut Auskunft Andree-Wagners geschlossen. Quer durch den Betrieb läuft jetzt ein großer Bauzaun, der verhindern soll, dass Unbefugte Maschinen und andere Werte an sich bringen: "Da ist alles richtig abgeriegelt."

Den letzten Mitarbeitern wurde ebenfalls im Dezember die Kündigung zugestellt. Dabei sind offenbar Tränen geflossen — vor allem bei jenen, die seit Jahrzehnten der Precise-Familie angehörten, als die die Belegschaft sich wegen ihres guten Betriebsklimas immer empfand.

Joachim Vogel ist einer von ihnen. 30 Jahre war der gelernte Elektromechaniker Mitarbeiter des Unternehmens, arbeitete sich bis zum Meister hoch und war zuletzt für die Produkt-Endkontrolle zuständig. "Ich habe geheult, als ich meinen Schlüssel abgegeben habe", erzählt er. Seine Kündigung wird zum 28. Februar wirksam. "Ich war wie alle anderen natürlich schon auf dem Arbeitsamt", sagt Vogel: "Aber ich bin jetzt 54, habe nie die Firma gewechselt. Sie können sich vorstellen, wie meine Chancen aussehen." Und sein Beispiel sei nur eines von vielen im Unternehmen.

Wolfgang Hensen, der zuständige Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall, kennt diese Fälle. Er sicherte den Betroffenen aus seinem Urlaub heraus gestern schon einmal eines zu: "Wir wollen, dass die Mitarbeiter-Initiative weiter bestehen bleibt, und werden sie so gut es geht unterstützen." Konkret sollen beispielsweise Kontakte zur Arbeitsagentur geknüpft, die Leute in Qualifizierungsmaßnahmen vermittelt und über berufliche Möglichkeiten informiert werden. Auch Andree-Wagner betonte: "Es wird weiter feste monatliche Treffen geben."

Nach vielen Monaten des Kampfes ist die frühere Betriebsrätin, die jetzt in Ruhenstand geht, sehr enttäuscht, dass letztlich nicht mehr herausgekommen ist: "Es sah im November alles schließlich noch ganz gut aus, auch die Gespräche mit den Banken liefen vernünftig."

Jetzt hat Andree-Wagner nur noch ein winziges Fünkchen Hoffnung: "Eine Mitarbeiterin der Insolvenzverwaltung hat Anfang Januar offenbar nochmal eine Gruppe möglicher Investoren durch den Betrieb geführt", sagt sie. Aber darüber habe sie keine Informationen. Und mittlerweile seien natürlich auch die bisherigen Kunden abgesprungen: "Die haben sich schon alle neu orientiert."

(RP)
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