Leichlingen Oettingers Kritikstunde

Leichlingen · Wirtschaft, Währung, Energie: Darüber referierte EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger. Er votierte für eine sichere Stromversorgung der Industrie.

Täglich erfährt die Welt Neues aus der Europäischen Union — derzeit sind viele Hiobsbotschaften dabei. Selten jedoch wird deutlich, wie diese das Geschehen vor Ort beeinflussen.

Das wollte am Donnerstagabend der Besuch aus Brüssel in Leichlingen ändern: Günther Oettinger, EU-Energie-Kommissar, der auf Einladung des Bergischen Europaabgeordneten Herbert Reul ins Schloss Eicherhof gekommen war, sprach in seinem anderthalbstündigen Vortrag über Wirtschaft, Schuldenkrise und Energiepolitik.

Unter dem Titel "Herausforderungen für die EU" galt sein Augenmerk dem Thema Strom in Zeiten der Energiewende. "Versorgungssicherheit ist der entscheidende Punkt", sagte der EU-Politiker und stellte die Risiken dar, die die Wende von Atomstrom zu erneuerbaren Energien berge. Beifall der Zuhörer, darunter viele Vertreter der regionalen Energiewirtschaft und Industrie, erhielt er für seine Kritik an steigenden Strompreisen: "Wir laufen Gefahr einer Deindustrialisierung."

Passgenaue Richtlinien

Um Wettbewerbsfähigkeit fürchten in der Region auch Stromanbieter, wie Siegfried Thielsch von den Stadtwerken Burscheid sagte. EU-Sparrichtlinien beträfen sein kommunales Unternehmen, während private Mitbewerber davon befreit blieben.

Die Verantwortung hierfür trägt nach Meinung Oettingers die Bundesregierung: Die Richtlinien seien von ihr "passgenau auszulegen", zudem verfüge sie über genügend Stellschrauben, mit denen sie den Preis senken könne. Gemeint waren damit Stromsteuern, die, so sagte Oettinger, der Haushaltssanierungen gedient haben.

Neue Investitionen, so berichtete ein Bayer-Vertreter, seien oft begleitet von Misstrauen auf die finanzielle Stabilität des Euros. Der EU-Kommissar plädierte auf mehr Kraft für das EU-Parlament, das auf Basis eines "gemeinsamen Konzepts" aller Mitgliedsstaaten auch die Währung stabilisieren solle: "Bei allem Respekt vor Basisdemokratie, beim Geld hört der Spaß auf."

Über das positive Echo der Zuhörer auf die "sachliche und strukturierte Darstellung" Oettingers freute sich Reul. Er war zuversichtlich, dass es für die Sorgen der Industrievertreter in der EU Lösungen gebe.

(RP)
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