Leichlingen Milchpreis zwingt Betriebe in die Knie

Leichlingen · Nach 110 Jahren gibt der Familienbetrieb von Christa Baumhögger-Meuthen in Leichlingen seine Milchkühe ab. Weil der Milchpreis auf unter 20 Cent pro Liter zu fallen droht, gibt der Betrieb auf. Das ist kein Einzelfall.

 Christa Baumhögger-Meuthen hat sich zu einer schweren Entscheidung durchgerungen: Nach diesem Sommer trennen sich die Wege von ihr und den insgesamt rund 20 Milchkühen auf ihrem Hof.

Christa Baumhögger-Meuthen hat sich zu einer schweren Entscheidung durchgerungen: Nach diesem Sommer trennen sich die Wege von ihr und den insgesamt rund 20 Milchkühen auf ihrem Hof.

Foto: Uwe Miserius

Nach 110 Jahren ist es vorbei. "Wir haben immer viel Herzblut hineingesteckt. Aber nach diesem Sommer ist Schluss", sagt Christa Baumhögger-Meuthen. 20 Kühe werden dann den Hof in Oberschmitte, den sie gemeinsam mit ihrem Mann Rainer Meuthen betreibt, verlassen müssen. Der Grund für die schwere Entscheidung: Der Milchpreis ist zu gering. Die Produktion von einem Liter Milch koste 30 bis 40 Cent, erläutert Baumhögger-Meuthen. Tatsächlich bekomme sie in diesem Monat 27,5 Cent - noch. "Die Tendenz ist sinkend. Von Molkereien wurde Aussicht gestellt, dass der Preis unter 20 Cent fallen könnte."

"Das ist die schlimmste Krise in der Milchwirtschaft"

Die Landfrau fasst die aktuelle Situation als "wohl schlimmste Krise" in der Milch-Wirtschaft zusammen und prophezeit: "Nachdem in den letzten Jahren bereits fünf Leichlinger Betriebe aufgegeben haben, werden in diesem Jahr bestimmt drei oder vier weitere folgen." Vor ein paar Jahren waren die eheleute schon einmal kurz davor, ihre Milchkühe abzugeben, damals entschieden sie sich noch dagegen. "Nun aber gibt es kein Signal, dass sich die Lage irgendwann wieder entspannt."

Die Gründe für die Krise sind vielschichtig. Es werde einerseits zu viel Milch produziert, während andererseits Absatzmärkte wie China oder Russland versiegen, sagt Baumhögger-Meuthen. Ihre Landwirts-Kollegen Bernd Sesterhenn sieht derweil vor allem den Handel in der Verantwortung. "Er benutzt Milch als billigen Lock-Artikel. Dabei müsste das nicht sein. Wenn der Verbraucher zehn Cent mehr zahlen würde für einen Liter, gäbe es das Problem nicht." Zudem habe der Mindestlohn die Entwicklung negativ beeinflusst.

Andere Betriebe gaben schon vor Jahren auf

Auf Sesterhenns Hof in Junkersholz gibt es seit anderthalb Jahren keine Milchkühe mehr. 15 Tiere hatte es dort gegeben. "In dem Bereich gab es keine Möglichkeit zu wachsen. Daher habe ich es aufgegeben." Ein paar Zuchttiere habe er sich seinerzeit noch behalten. "Das waren gute Tiere, aber auch die wollte keiner mehr zu den üblichen Preisen kaufen." Sprich: Habe sich zuvor ein Tier, das eine gute Milchleistung versprochen hat, für 1600 Euro verkaufen lassen, erhielt Sesterhenn wegen der Entwicklung des Milchpreises bei manchem "Kuh-Handel" zuletzt nur noch 1000 Euro.

Zwölf von 20 haben aufgegeben

Nach Sesterhenns Einschätzung sind in der Blütenstadt noch acht Milch-Betriebe übrig. Vor 15 Jahren seien es 20 gewesen. "Aber eingleisig fährt ohnehin keiner mehr. Alle haben noch ein Standbein neben der Viehwirtschaft." Bei ihm wurde neben Kartoffeln, Hühnern, Blumen oder Obst verstärkt auf die Ferienwohnungen gesetzt.

Ein paar Katzensprünge weiter plagen Christa Baumhögger-Meuthen keine Zukunftsängste. Zwar wisse sie von Kollegen, die in den vergangenen Jahren - unter anderem nachdem die Reglementierung durch die Milch-Quote weggefallen ist - kräftig investiert haben in Ställe und Co. und denen wegen des Sinkflugs des Milchpreises die Insolvenz droht. "Aber für uns ist die Lage durch unsere Direktvermarktung und unseren festen Kundenstamm glücklicherweise nicht existenzbedrohend." Traurige Tage stehen in Oberschmitte dennoch an: wenn die Kühe nach dem Sommer den Hof nach 110 Jahren endgültig verlassen.

(RP)
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