Christian Lindner ist Bundestagskandidat für die FDP „Ein echter Hebel für Veränderung“

Rhein-Berg · FDP-Chef Christian Lindner will nach dieser Wahl in die Regierung. Und außerdem: das Direktmandat aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis.

 Sollte Christian Lindner (42) das Direktmandat für den Kreis bekommen, möchte er sich unter anderem für den Breitbandausbau und eine bessere Infrastruktur einsetzen. Er ist oft auf Elternbesuch in Leichlingen.

Sollte Christian Lindner (42) das Direktmandat für den Kreis bekommen, möchte er sich unter anderem für den Breitbandausbau und eine bessere Infrastruktur einsetzen. Er ist oft auf Elternbesuch in Leichlingen.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Im Jahr 2017, eineinhalb Wochen vor der Bundestagswahl, wurde das Städtische Gymnasium Wermelskirchen durch ein etwa dreieinhalb Minuten langes Video deutschlandweit bekannt. Ein damals 20 Jahre altes Video, ursprünglich produziert für das Jugendmagazin „100 Grad“ der Deutschen Welle und von „Stern TV“ wieder ausgegraben, hatte seinen Weg in die sozialen Medien gefunden. Darin zu sehen: Christian Lindner, als 18-jähriger Wermelskirchener mit Anzug, Aktenkoffer und Kuhkrawatte, der am Steuer eines Benz über die mit einem Freund gegründete PR-Agentur philosophiert, etwas gelangweilt im Unterricht sitzt und Sätze sagt wie: „Probleme sind nur dornige Chancen.“

Die Redaktion habe die Geschichte über ihn als Selbstständigen damals „ein bisschen aufpeppen“ wollen, und als „junger und unerfahrener Mensch“ habe er mitgemacht. Es sei ihm „eine Lektion im Umgang mit den Medien gewesen“, sagt Lindner heute, zugeschaltet aus Berlin, zwischen einem Interview für die österreichische Presse und einem Flug in die Landeshauptstadt nach Düsseldorf. FDP-Mitglied, das war Lindner schon bei der Aufzeichnung des Videos.

Passiert ist seitdem viel. Aus dem Abiturienten wurde mit 21 der jüngste Abgeordnete aller Zeiten im NRW-Landtag, mit 30 der jüngste Generalsekretär der FDP und mit 34 der jüngste Vorsitzende der Parteiführung. Jetzt, mit 42, hofft er als Bundesvorsitzender der FDP auf einen Posten als Finanzminister nach der Bundestagswahl, bei der er sich außerdem für das Direktmandat aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis bewirbt.

Eines, sagt Lindner, habe sich aber auch zwei Jahrzehnte nach dem Video-Dreh immer noch nicht verändert: Das Lebensgefühl, das sich in den Szenen zeigt. „Dass ich gerne unabhängig bin in jeder Beziehung, dass ich die Freiheit liebe, dass ich neugierig bin auf andere Menschen und – glaube ich – auch großzügig im Umgang, weil ich anderen nicht vorschreiben will, wie sie ihr Leben führen sollen.“

Diese Unabhängigkeit, sagt der Politiker, habe er sich auch nach der vergangenen Bundestagswahl bewahrt, als es um die Verhandlungen für eine mögliche Jamaika-Koalition ging, die FDP auf eine Regierungsbeteiligung verzichtete und Lindner seinen berühmten Satz sagte: „Es ist besser, nicht zu reagieren, als falsch zu reagieren.“

Jetzt will Lindner regieren, das ist deutlich. „Mit Armin Laschet sind die Aussichten viel besser als mit Angela Merkel, die 2017 einseitig auf die Grünen festgelegt war. Da hätten wir Karriere machen können mit Dienstwagen, aber nichts von unseren Zusagen umsetzen können“, sagt der 42-Jährige und klingt, als stünde ein Sieg des CDU-Kanzlerkandidaten schon fest. Eine Koalition um jeden Preis werde es aber auch nach dieser Wahl nicht geben. Eine Erhöhung der Steuern? Ein Aufweichen der Schuldenbremse in der Verfassung? Nicht mit der FDP.

Warum bewirbt sich Lindner aber überhaupt noch für das Direktmandat, wo er doch seinen Platz in Berlin über die Zweitstimme eigentlich sicher hat? „Der Rheinisch-Bergische Kreis ist mein Wahlkreis. Ich spüre da eine besondere Verbundenheit und Verpflichtung“, sagt Lindner wahlkämpferisch. Und erzählt natürlich von seiner Heimat, von einer Kindheit in einem Haus, das neben einer Wiese stand, auf der regelmäßig ein Bauer den Rasen mähte und auch bei ihm diesen Berufswunsch entfachte – zumindest bis zur weiterführenden Schule. Von der „Atmosphäre einer Stadt, in der man sich kennt“, und von Besuchen auf der Kirmes: erst Autoscooter-Fahren auf dem Schwanenplatz und dann Feiern auf der Matinee.

Er sei auch heute noch oft im Kreis unterwegs, sagt Lindner, allerdings eher in Leichlingen, wo seine Eltern heute wohnen, und weniger in Wermelskirchen, seiner Heimatstadt. Und wenn er erstmal, wie erhofft, Finanzminister werde, könne das ein „echter Hebel für Veränderung“ sein. Ein Minister aus dem Rheinisch-Bergischen, der gleichzeitig das Direktmandat hat, als erster FDP-Politiker aus dem Kreis.

Breitbandausbau, eine Verbesserung der Infrastruktur (auch durch eine bessere Anbindung an die Autobahnen), eine Modernisierung und Digitalisierung der Schulen und Klimaschutz „als Teil einer großartigen Wachstums-Story, mit der wir neue Arbeitsplätze bei uns schaffen können“ – das sind seine Themen.

„Probleme sind nur dornige Chancen.“ Die Maxime des 18-jährigen Lindners, würde er die immer noch unterstreichen? „Absolut.“

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