Leichlingen Kriegsgeschichte(n) aus dem Koffer der Tante

Leichlingen · Der Leichlinger Jens Hinrich Weber ist auf die Kriegstagebücher seiner Tante und damit auf ein hochinteressantes Stück Stadtgeschichte gestoßen. Nun sucht er für ein Buch Zeitzeugen. Er möchte sie interviewen und filmen.

 Jens Hinrich Weber öffnet den Koffer seiner Tante und findet Aufschlussreiches zur Stadtgeschichte Leichlingens vor allem auch aus den Jahren des Zweiten Weltkrieges.

Jens Hinrich Weber öffnet den Koffer seiner Tante und findet Aufschlussreiches zur Stadtgeschichte Leichlingens vor allem auch aus den Jahren des Zweiten Weltkrieges.

Foto: Ulrich Schütz

Ein Déja-Vu-Erlebnis hatte der Leichlinger Jens Hinrich Weber, als er kürzlich in der RP die Skizze des Bunkers an der Uferstraße und ein Foto von einem Betonrest dieser inzwischen verschütteten Anlage aus dem Zweiten Weltkrieg sah: "Ich kenne den Bunker aus dem Erzählungen meiner Mutter und aus den Tagebüchern meiner Tante", erinnert sich Weber.

Seine Mutter hatte dem 51-Jährigen kürzlich den Nachlass seiner Tante Irmgard Bergmann geb. Krieger übergeben, worunter sich auch ein geheimnisvoller kleiner Koffer befand. Darin stieß Weber auf eine Vielzahl kleiner Tagebücher, allesamt zwischen 1940 und 1998 lückenlos in der präzisen Handschrift seiner Tante verfasst. Was diese Tagebücher der Nachwelt offenbaren, ist Stadtgeschichte pur, zwar aus der persönlichen Sicht einer typischen Leichlinger Familie, aber auch ein Dokument für eine gesamte Generation. Wie das Öffnen der Büchse der Pandora ist es Weber beim Studium der Tagerbücher ergangen.

Im Haus der Familie an der Bahnhofstraße, wo Tante Irmgard die Alltäglichkeiten ebenso in ihren Tagebüchern protokolliert hat, wie die grauenhaften Kriegserlebnisse, da lebt Weber heute zur Miete. Er fühlt sich verpflichtet, die in den Tagebüchern seiner Tante wiedererweckte Stadtgeschichte für die Nachwelt festzuhalten und aufzuarbeiten. "Denn die Zeitzeugen, die jetzt noch leben, wird es schon bald nicht mehr geben", bedauert Weber. Deshalb will er sich jetzt "mit gepacktem Köfferchen" auf die Suche nach Zeitzeugen machen, um ein Buch zu schreiben, zuvor aber auch alte Leichlinger zu interviewen und, wenn sie es denn erlauben, dabei zu filmen.

Vom persönlichen Familiengedächtnis ausgehend treibt den Leichlinger CDU-Politiker aber seit langem auch die Frage um, was aus den Juden geworden ist, die einst in der Blütenstadt gelebt und gewirkt haben. Er weiß, dass er damit an ein unbequemes und vielfach verdrängtes Thema rührt. Aber Weber sucht nach Antworten auf seine Fragen.

Einige aufschlussreiche Antworten, wie die Leichlinger den Zweiten Weltkrieg erlebten und überstanden, hat Weber aber bereits in den Tagebüchern seiner Tante gefunden. Dabei fällt auf, dass sich Einträge von absolut Banalem mit Geschehnissen der Weltgeschichte und schicksalhaften eigenen Kriegserlebnissen in den Tagebüchern mischen. Ein besonderes Kriegserlebnis, das im Familiengedächtnis der Webers ebenso haften geblieben ist. wie wohl auch im kollektiven Gedächtnis, ist die Bombardierung eines voll besetzten Personenzuges am Leichlinger Bahnhof im Jahr 1944.

Zeitzeugen, die den Zweiten Weltkrieg in Leichlingen miterlebt haben und Antworten auf die Frage haben, was mit den Juden geschah, können sich bei Jens Hinrich Weber, Bahnhofstraße 29 oder per E-Mail: jens.weber@spaetgens-weber.de melden.

(RP)
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