Leichlingen Gezielte Attacken auf Jäger?

Leichlingen · Im Jagdgebiet am Hülserhof haben Unbekannte zwei Hochsitze zerstört. Einen sägten sie so an, dass er seitlich wegkippte, den anderen steckten sie in Brand. Der Jagdaufseher vermutet gezielte Anschläge und stellt Strafanzeige.

Michael Krömer ist Jagdaufseher im Wald des Grafen von Mirbach-Harff in Leichlingen. Sein Gebiet rund um den Hülserhof umfasst 157 Hektar und ist teilweise schwer zugänglich. Deshalb ist er auch sicher, dass es keine zufällig vorbeikommenden Rowdies gewesen sein können, die ihm jetzt zwei Hochsitze zerstört haben. Dazu seien die Standorte zu abgelegen.

"Das waren wildgewordene Jagdgegner, die es gezielt auf uns abgesehen haben", vermutet Michael Krömer. Sie hätten sich offenbar die beiden Objekte für ihr Zerstörungswerk bewusst ausgeguckt. "Da führt nämlich kein Weg hin", sagt der Jagdaufseher. Die Strecke müsse querfeldein zurückgelegt werden.

Gestern zeigte der 50-Jährige der Polizei das Ausmaß der Verwüstungen. Von einem Hochsitz steht lediglich noch das Metallgerippe. Die Holzaufbauten drumherum sind komplett verbrannt. Eine Flasche mit Brandbeschleuniger fand sich inzwischen in der Nähe.

Bei dem anderen Jagdsitz haben sich die Vandalen offensichtlich noch mehr Arbeit gemacht: Er wurde so angesägt, dass er seitlich wegkippte. Ein Teil des Holzes sei dann "klitzeklein gesägt" worden, schildert Krömer. Das habe richtig Zeit in Anspruch genommen.

1000 Euro allein an Material

Das Zerstörungswerk verursacht nicht unwesentliche Kosten. Allein das Material für einen der beiden Hochsitze liegt bei etwa 1000 Euro. "Da reden wir noch nicht mal vom Aufbau, denn den haben wir in Eigenleistung erledigt", sagt der gräfliche Jagdexperte.

Noch mehr ärgert ihn allerdings die Geisteshaltung, die er hinter der Aktion vermutet. "Die Leute sind sich doch gar nicht bewusst, dass wir von diesen Hochsitzen aus vor allem Wildschweine jagen, die sich mittlerweile zu einer regelrechten Plage entwickelt haben", sagt er.

Deren Bestand ist in den vergangenen Jahren geradezu explodiert. Experten geben die Vermehrungsrate der Tiere mit 250 Prozent an. Eine der Folgen: Schwere Schäden in der Landwirtschaft.

Die Wildschweine fielen etwa über abgeerntete Maisfelder her, wie eine Gruppe Heißhungriger über ein kaltes Buffet, weiß Michael Krömer. "Die finden Maiskörner auch noch einen halben Meter unter der Oberfläche und wühlen den Boden so um, dass Sie da selbst mit dem Traktor nicht mehr so einfach drüberfahren können."

Tulpenzwiebeln im Vorgarten

Und auch bejagen lassen sich die tierischen Wühl-Experten nicht so ohne weiteres, wie Michael Krömer bestätigt: "Wildschweine sind hochintelligent und lernen sehr schnell", sagt er. Selbst Ablenkfütterungen durchschauten die Tiere nach kurzer Zeit.

"Eine Sau, der einer ihrer Frischlinge in einem bestimmten Gebiet weggeschossen wurde, wird es künftig meiden", weiß der erfahrene Jäger. Eben deshalb und weil sich die Wildschweine durch den Klimawandel so extrem vermehrten, gebe es keine andere Wahl, als sie intensiv zu bejagen: "Aber das begreifen gerade viele Städter einfach nicht."

Mit Aktionen wie der Zerstörung der Hochsitze erreichen die Täter Michael Krömer zufolge auf jeden Fall nur eins: Die Schweine können sich noch ungestörter ausbreiten — bis in die Wohngebiete: "In Leverkusen Rheindorf oder Opladen fressen sie zum Teil schon die Blumenzwiebeln aus den Vorgärten."

(RP)
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