Leichlingen Geschichte atmen

Leichlingen · Am Tag des offenen Denkmals öffnet morgen das älteste Fachwerkhaus im Rheinisch-Bergischen Kreis in Hülstrung seine Pforten. Inzwischen sind auch die Scheune und der zehn Meter tiefe Natursteinbrunnen fertig restauriert.

Das Spannendste ist der Keller. Schon der Eingang mit den zwei schweren Klappen und dem Metallring erinnert eher an ein Piratenversteck. Elf Stufen geht es ziemlich steil in die Tiefe, und was dann kommt, ist ein echter Blickfang. In das Tonnengewölbe aus Bruchsteinen mit Nischen für Öllampen fällt nur durch die Luftschächte Licht herein. In den Ecken wabern riesige dicke Spinnweben, wenn draußen die Dämmerung aufzieht, wird es wahrscheinlich richtig gruselig. Erst recht, wenn der Blick auf zwei riesige Grabsteine aus dem 17. und 18. Jahrhundert fallen, die unauffällig an der Wand lehnen. Hier unten atmet der Besucher die Geschichte des beinahe 500 Jahre alten Hauses förmlich ein. Morgen, am Tag des offenen Denkmals kann sich jeder selbst davon überzeugen.

Spätmittelalterlicher Charme

Ein Besuch am Hülstrung 49 lohnt sich, denn nicht nur das Untergeschoss besticht durch seinen spätmittelalterlichen Charme. Um 1511 entstand das schmucke Fachwerkhaus, 1757 kam ein Anbau hinzu. Die heutigen Eigentümer Dr. Frank Tschentscher und Petra Bärschneider begannen 2003, architektonische Sünden auszumerzen. Die Schieferimitate, Kunststoffe und Rigipsplatten verschwanden, für die Wiederherstellung der einstigen Fachwerkkonstruktion sowie der Verwendung denkmalgerechter Baustoffe wie Holz, Lehmputz, Lehmziegel und Lärchenholzverkleidung erhielten beide 2006 den Rheinischen Denkmalpreis. „Wer so ein Haus kauft, der weiß, worauf er sich einlässt, für uns ist es einfach das Traumhaus“, sagt Tschentscher.

Wenn der Biologe durch die einzelnen Zimmer und Etagen wandert, gerät er ins Schwärmen. Zu jedem Balken, jeder Ecke und jedem Scharnier kann Tschentscher eine Geschichte erzählen. Begeistert erklärt er jedes Detail. Alles ist denkmalgerecht wieder hergestellt. „Mit der Architektin wurde damals wirklich jeder Nagel besprochen“, erzählt er. Besonders im Dachgeschoss kann die Bauweise des 16. Jahrhunderts gut betrachtet werden. An den schiefen Boden gewöhnt man sich leicht. Nur die Türen und Decken sind sehr niedrig. Große historisch interessierte Menschen sollten den Kopf einziehen.

Seit Sommer ist das Grundstück um zwei Schätze reicher. Einmal der zehn Meter tiefe Natursteinbrunnen vor dem Haus, dann die fertig restaurierte Scheune. Bei ihr schien zunächst selbst Tschentscher an die Grenzen seiner Leidenschaft zu stoßen. „Die war so hinüber, die hätte jeder normale Mensch abreißen müssen“, erinnert er sich. Tat er aber natürlich nicht. Stadtarchivar Uwe Boelken zeigt dort am Sonntag eine Ausstellung zu rheinischer Gebrauchskeramik vom 11. bis 19. Jahrhundert.

(RP)
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