Leichlingen Fräskanten verärgern viele Leichlinger

Leichlingen · Bei der "Mobilen RP-Redaktion" in der Brückenstraße ging es gestern ums Thema Schlaglöcher und Straßenschäden. Die frischen Fräskanten auf der L 294 erregten die Gemüter dabei besonders.

 Experten am RP-Stand: (l.) Hans-Ulrich Sander, Kfz-Sachverständiger des TÜV Rheinland, mit einem durch Schlaglöcher beschädigten Federbein. (r.) ADAC-Abteilungsleiter Dr. Roman Suthold.

Experten am RP-Stand: (l.) Hans-Ulrich Sander, Kfz-Sachverständiger des TÜV Rheinland, mit einem durch Schlaglöcher beschädigten Federbein. (r.) ADAC-Abteilungsleiter Dr. Roman Suthold.

Foto: Uwe Miserius

Viel hätte nicht gefehlt, und Klaus Worms hätte seinen Ausflug mit dem Rennrad am vergangenen Sonntag im Krankenhaus beendet. "Ich habe echt Glück gehabt", sagt der bekannte Leichlinger, der viele Jahre lang Sportlehrer am Gymnasium war und nun fürs Sportministerium arbeitet.

Er war mit hohem Tempo auf der L 294 in Richtung Witzhelden unterwegs und überholte gerade ein parkendes Auto, als er plötzlich in eine der Fräskanten im Asphalt rauschte, die der Landesbetrieb Straßen.NRW dort gleich an mehreren Stellen angebracht hat, um die schlaglochgeschädigte Straße zu sanieren. Einen schweren Sturz konnte der austrainierte Sportler dabei gerade noch vermeiden.

"Viel zu schlecht ausgeschildert" seien diese gemeingefährlichen Stellen monierte Worms gestern im Rahmen der "Mobilen RP-Redaktion" zum Thema Schlaglöcher und Straßenschäden — und er war nicht der einzige. Seitdem Straßen.NRW die Arbeiten begonnen hat, hagelt es Kritik. Einen Unfall hat es dort auch schon gegeben. Ein Motorradfahrer musste so stark bremsen, dass ein Auto von hinten auffuhr (wir berichteten).

CDU-Fraktionsvize Dominique Rondé, der ebenfalls den RP-Stand in der Brückenstraße besuchte, berichtete, er habe beim Landesbetrieb angerufen und die Beschilderung der Baustellen moniert, die auch ihn in die Fräskantenfalle tappen ließen. "Die haben aber nur geantwortet, sie hätten sich an die DIN-Norm gehalten", erzählte Rondé empört: "Ich habe dann mal zurückgefragt, ob denn der verletzte Motorradfahrer auch DIN-gerecht versorgt wird. Das ist doch ein Unding."

Nicht nur die Baustellenbeschilderung — auch die Belastung der Leichlinger Straßen durch Lkw und Frostschäden war gestern Thema der "Mobilen Redaktion", an der auch zwei Experten teilnahmen: Dr. Roman Suthold, Leiter der Verkehrsabteilung beim ADAC Nordrhein, und Hans-Ulrich Sander, Kraftfahrzeug-Sachverständiger beim TÜV Rheinland.

Suthold ist natürlich auch selbst Autofahrer und damit auf etwa 20 000 Straßenkilometern, die er jährlich fährt, ein Schlaglochgeschädigter. "Das Thema Schlaglöcher weckt Emotionen, auch bei mir", gibt er zu.

Er sei allerdings aus seiner beruflichen Position heraus zwangsläufig sensibilisiert und fahre deshalb vorausschauend. "Sobald Schnee und Eis von den Straßen weg sind, achte ich ganz besonders überall auf Schlaglöcher und halte immer die Fahrbahn im Blick", rät Suthold auch anderen Verkehrsteilnehmern zu einem umsichtigen Fahrstil.

Der ADAC-Experte hat beruflich auch immer wieder mit Anfragen von Autofahrern zu tun, die wissen wollen, ob sie Kommunen, Kreise oder Länder als Straßenbaulastträger aussichtsreich wegen Unfällen und Sachbeschädigungen durch Schlaglöcher verklagen sollten. "Wir haben für ADAC-Mitglieder eine kostenfreie juristische Erstberatung sowie Vertragsanwälte, bei denen die Erstberatung für Mitglieder ebenfalls kostenfrei ist", sagt Suthold, verhehlt aber nicht: Ihm sei bislang noch kein Fall bekannt geworden, in dem Schlaglochgeschädigte erfolgreich geklagt hätten. "Die Kommunen, Kreise und Länder stellen ein Schild auf, egal, ob man es auch ausreichend sieht, und schon sind sie ihrer Verkehrssicherheitspflicht nachgekommen. Juristisch gibt es da kaum eine Handhabe", bedauert Sutholt.

"Es ist ja auch nicht so, dass Sie in ein Schlagloch fahren und direkt einen Schaden an ihrem Fahrzeug bemerken", ergänzt TÜV-Experte Hans-Ulrich Sander. "Das ist ein schleichender Prozess." Irgendwann nach zwei oder drei Jahren sei dann das Federbein oder eine Stabilisator-Stütze etc. betroffen. Allerdings gelte auch hier: "Je umsichtiger ich fahre, desto seltener geht etwas kaputt."

Als eine besonders belastete Straße in Leichlingen wurde gestern mehrfach die Immigrather Straße genannt. Anwohner Jürgen Vogel etwa führte aus: "Diese Straße ist für die Massen an Verkehr, die es dort gibt, überhaupt nicht ausgelegt. Schon gar nicht für all die Lastwagen."

"Ein einziger Lkw belastet eine Straße 60 000 Mal so stark wie ein Pkw", erläuterte ADAC-Experte Suthold. Insofern halte er eine Menge davon, die Lkw-Maut auch auf Straßen abseits der Autobahnen auszuweiten. Allerdings nur mit der Maßgabe, die Einnahmen zweckgebunden für den Verkehr einzusetzen, "und vor allem die Kommunen daran zubeteiligen". Dann könnten es sich auch klamme Städte wie Leichlingenleisten, Straßen von Grund auf zu sanieren, anstatt sie immer wieder zu flicken und so auf Dauer Schäden an den Autos zu provozieren.

Apropos Schäden: "Wenn ich ein Auto gebraucht kaufen will, wie kann ich bei der Probefahrt feststellen, ob es bereits irgendeinen Schaden hat?", wollte ein Teilnehmer wissen. "Überhaupt nicht", antwortete TÜV-Mann Sander. "Aber warum fragen Sie den Verkäufer nicht, ob Sie uns den Wagen einmal vorführen können?" Das koste 60 Euro und lohne sich immer. "Entweder haben Sie dann die Gewissheit, dass alles in Ordnung ist, oder Sie vermeiden es, ein kaputtes Auto zu kaufen und sparen sich so unter Umständen teure Anwaltskosten."

Dass ein Verkäufer sich weigern könnte, das Fahrzeug vom TÜV untersuchen zu lassen, will Sander grundsätzlich zwar nicht ausschließen, schränkt aber ein: "In dem Fall wissen Sie sofort, dass Sie besser die Finger von dem Auto lassen."

(RP/rl)
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