Analyse Forscher: Wahlkampf-Endspurt ist nutzlos

Leichlingen · Warum Frank Steffes (SPD), Rainer Hüttebräucker (CDU) und mit Abstrichen Jürgen Langenbucher (Grüne) Chancen haben

 Macht am Sonntag erst mit der Familie eine Fahrradtour, bevor er ins Rathaus geht: SPD-Kandidat Frank Steffes.

Macht am Sonntag erst mit der Familie eine Fahrradtour, bevor er ins Rathaus geht: SPD-Kandidat Frank Steffes.

Foto: Parteien, MIserius (Archiv)

Ja, sie werden zweifelsohne alle am morgigen Samstag noch einmal in der Fußgängerzone unterwegs sein, um die letzten Unsicheren davon zu überzeugen, dass sie die beste Wahl sind. Dabei können sich die sieben Kandidaten, die bei der Kommunalwahl am Sonntag auch um das Bürgermeisteramt streiten, den Aufwand eigentlich sparen. Denn schon jetzt dürfte sicher sein: Ihr Einsatz auf den letzten Metern wird nichts mehr nutzen.

 Will am Sonntag bei Kölsch und Schnittchen mit seinen Mitstreitern im Wahlkampfbüro seiner Partei feiern: Rainer Hüttebräucker (CDU).

Will am Sonntag bei Kölsch und Schnittchen mit seinen Mitstreitern im Wahlkampfbüro seiner Partei feiern: Rainer Hüttebräucker (CDU).

Foto: privat

Das jedenfalls sagt Matthias Moehl. Der Inhaber des Hamburger Wahlforschungsunternehmens "election.de" hat in der Vergangenheit mit seinen Wahlprognosen auch für unsere Zeitung immer sehr genau gelegen. Moehl weiß aus Erfahrung: "In den letzten zwei Tagen gibt es in aller Regel keine Trendwenden mehr." Diejenigen, die noch spontan die Seite wechselten, würden von ebenso spontanen Wechslern aus dem anderen Lager wieder kompensiert.

 Mit wenig Material viel übergebracht: Jürgen Langenbucher (Grüne).

Mit wenig Material viel übergebracht: Jürgen Langenbucher (Grüne).

Foto: Bündnis 90/Die Grünen

Gleichwohl wird das die Wahlkämpfer nicht abhalten, noch einmal alles zu versuchen. Sowohl Frank Steffes (SPD) als auch Rainer Hüttebräucker (CDU) versicherten gestern, das persönliche Gespräch mit den Bürgern - sei es an den Wahlständen auf der Straße oder bei Besuchen an der Haustür - habe den größten Anteil ihrer Wahlkampfaktivitäten ausgemacht.

 Kaum Chancen: Olivier Kreßner.

Kaum Chancen: Olivier Kreßner.

Foto: Ina Bodenröder

Hüttebräucker ließ noch einmal durchblicken, die CDU habe sich bei den Wahlplakaten bewusst beschränkt, um sich nicht an der "Materialschlacht im Stadtgebiet" zu beteiligen. Die SPD, die im Gegensatz zu den Christdemokraten jeweils mehrere ihrer Stadtratskandidaten auf einem Plakat bündelte, dafür aber auch noch Plakate mit inhaltlichen Statements klebte, registrierte süffisant, dass von der CDU keine Inhalte zu lesen sind, einzelne Kandidaten wie etwa Gerald Finck in ihren Wahlkreisen aber alles mit eigenen Plakaten zugepflastert hatten. Das sind aber auch schon die auffälligsten Scharmützel eines ansonsten an Harmlosig- und Nettigkeiten kaum zu überbietenden Wahlkampfs.

 Keine Chance: Grischa Bischoff (Die Linke)

Keine Chance: Grischa Bischoff (Die Linke)

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Für SPD-Mann Steffes ist klar: "Wenn ich nicht angegriffen werde, sehe ich keinen Grund darin, andere heftig zu attackieren. Das ist einfach nicht meine Art." Gleichwohl sei manche Rede und direkte Gegenrede bei den wenigen Podiumsdiskussionen auch kaum möglich gewesen, "weil es bei der Fülle an Kandidaten keine Zeit dafür gab".

 Ebenfalls keine Chance: Udo Mau.

Ebenfalls keine Chance: Udo Mau.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Sowohl Steffes als auch Jürgen Langenbucher (Grüne) nannten aber das "Speed Debating" des Jugendparlaments eine tolle Kommunikationsform. Drei Minuten für eine Paarung Politiker/Bürger und dann der Wechsel zum nächsten, das sei intensiv und toll gewesen. Toll fanden viele Zuschauer der Podiumsdiskussionen übrigens auch, wie sich der Grüne Langenbucher - vorab als "Zählkandidat" bewitzelt - gegenüber seinen Konkurrenten schlug. Er setzte wirklich kaum Plakat-Material ein, sammelte vielmehr durch kompetente und realistische Äußerungen, wie er die Stadtverwaltung zu führen gedenke, viele Bonuspunkte. Ob es für eine Überraschung gegen die beiden Volksparteien am Sonntag reicht, ist aberunwahrscheinlich. Jedenfalls blieben die unabhängigen Kandidaten Olivier Kreßner (extrem blass) oder Michael Strieker (teils erfrischend, teils aber auch über-visionär) hinter ihm zurück. Der Linke Grischa Bischoff provozierte, überzeugt aber nicht und Udo Mau überzeugte meist nur sich selber.

Steffes wiederum war als der neue SPD-Bürgermeisterkandidat nach Ernst Müller extrem erfreut, "wie viele Leute mich bei meinen Gesprächen und besuchen tatsächlich wiedererkannt haben". Die langjährige Ratsarbeit und Präsenz in vielen öffentlichen Funktionen schienen sich da bemerkbar zu machen.

Hüttebräucker wiederum berichtete gestern, sein Team, das ja aus vielen politischen Neulingen bestehe, habe sich zu Beginn des Wahlkampfs einmal pro Woche mit erfahrenen Parteikräften getroffen, um sich Informationen zu holen, wie man denn wohl am besten weitermache. "Mittlerweile läuft alles super", sagt der CDU-Mann stolz.

Und daher will er am Wahlabend auch mit seiner Mannschaft im CDU-Wahlkampfbüro in der Brückenstraße (ehemals und bald wieder Büro der Bürgerinitiative "Rettet den Stadtpark") feiern und die Ergebnisse von dort aus verfolgen: "Jeder bringt ein Fässchen Kölsch mit."

Steffes dagegen will im Ratssaal bei der offiziellen Präsentation sein. Dann hat er - Politik hin, Kandidatur her - schon einen Fahrradausflug mit der Familie hinter sich.

(RP)
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