Leichlingen Flüchtlingshilfe: Amt schickt Vereinen Mahnungen

Leichlingen · Einige Finanzämter berufen sich auf Vereinsrecht. Die Politik läuft dagegen Sturm. Die Finanzminister reagieren.

 Während Finanzämter Vereine mahnten, weil sie Flüchtlinge kostenlos im Verein spielen lassen, werben der Deutsche Fußballbund und Aydan Özouz, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, in einer Broschüre für Vereinsengagement für Flüchtlinge.

Während Finanzämter Vereine mahnten, weil sie Flüchtlinge kostenlos im Verein spielen lassen, werben der Deutsche Fußballbund und Aydan Özouz, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, in einer Broschüre für Vereinsengagement für Flüchtlinge.

Foto: Archiv / Montage: rp-redaktion

Wie schnell Politik reagieren kann, wenn sie will, zeigt dieses Beispiel: Sportvereinen, die sich für die Flüchtlingshilfe einsetzen, droht möglicherweise der Entzug der Gemeinnützigkeit. Denn einige Finanzämter in Deutschland haben Mahnschreiben an die Vereine verschickt. Der Vorwurf: Die Vereine ließen Flüchtlinge kostenfrei mittrainieren. Das sei aber nicht durch das Vereinsrecht gedeckt, heißt es in den Briefen.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete für den Oberbergischen Kreis, Michaela Engelmeier, ist sportpolitische Sprecherin der Fraktion und empört über diesen Amtsschimmel: "Das ist grotesk und lächerlich", kommentiert sie jetzt. "Für die unzähligen Vereine, die sich nicht nur aktiv und ehrenamtlich für Flüchtlinge einsetzen, sondern bislang auch klaglos zahlreiche Sporthallen zur Unterbringung der Ankommenden bereitstellen, wäre dies ein Schlag ins Gesicht." Einerseits fördere der Staat das Ehrenamt, zum Beispiel durch das "Bundesprogramm Integration durch Sport", auf der anderen Seite "sollen die Vereine nun für genau dieses wichtige Engagement bestraft werden".

Das Finanzministerium hat der Politikerin zufolge zunächst vorgeschlagen, die Vereine sollten in einer Mitgliederversammlung einen Beschluss fassen, der Flüchtlingen die Teilnahme ermöglicht, um keine Probleme mit der Gemeinnützigkeit oder dem Finanzamt zu bekommen. Engelmeier und Svenja Stadler, engagementpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, kritisieren: "Wir brauchen die Unterstützung der Vereine und dürfen deren Hilfsbereitschaft nicht durch zusätzliche bürokratische Hürden ad absurdum führen."

In Leichlingen ist unter anderem der LTV in der Flüchtlingshilfe aktiv, die dritte Fußballherrenmannschaft etwa nahm im Spätsommer Flüchtlinge als Spieler auf, in Leverkusen bietet der SSV Lützenkirchen morgen einen "Refugee Welcome Day" für fußballbegeisterte Flüchtlingskinder an. Engelmeier und Stadler untermauern mit Zahlen: Ein Fünftel der rund 90.000 deutschen Sportvereine biete bereits integrative Projekte an. Die Sozialdemokratinnen werfen dem "Beamtenapparat" mangelnde Flexibilität vor.

Ab sofort wiehert der Amtsschimmel aber in dieser Sache wohl nicht mehr: Donnerstag haben die Finanzminister aller Bundesländer in einer Sitzung beschlossen, dass Vereine nicht den Verlust der steuerbegünstigenden Gemeinnützigkeit befürchten müssen, wenn sie Flüchtlinge beitragsfrei als Mitglieder aufnehmen. Dem stimmt auch das Bundesfinanzministerium zu. Ein Sprecher sagte gestern auf Anfrage unserer Zeitung: "Wir setzen uns dafür ein, dass sich Vereine ohne negative steuerliche Konsequenzen engagieren können." Die Aufnahme von Flüchtlingen als Mitglieder dürfe nicht zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit eines Vereins führen. "Jetzt geht es darum, eine bundeseinheitliche, pragmatische Lösung zu finden."

Das auch für Leichlingen zuständige Finanzamt Bergisch Gladbach hat laut Dienststellenleiter Jürgen Mersmann keine Mahnungen an Vereine geschickt wie Finanzämter in Berlin und Brandenburg.

Mersmann verweist aber auch hierauf: "Die Finanzverwaltung NRW vertritt die Auffassung, dass die kostenlose Teilnahme von Flüchtlingen am Trainingsbetrieb von Sportvereinen deren Status als steuerbegünstigte Körperschaften nicht gefährdet. Vielmehr ist die Zuwendung von Mitteln oder sonstigen Vorteilen an Flüchtlinge durch das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 22. September 2015 bis zum 31. Dezember 2016 ausdrücklich als unschädlich anzusehen, ohne dass es einer Anpassung der bestehenden Satzung bedarf."

(RP)
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