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Analyse Sparzwang in Leichlingen – Haushaltsberatungen enden im Desaster

Leichlingen · Eine Politposse im Haupt- und Finanzausschuss führt möglicherweise dazu, dass der Etat für 2023 nicht am kommenden Montag verabschiedet werden und die Stadt wichtige Projekte nicht vorantreiben kann.

Das zerschlagene Sparschwein sieht im Vergleich zu dem, was sich jetzt im Haupt- und Finanzausschuss abgespielt hat, sogar noch freundlich aus. Trotz drohenden Millionendefizits im Haushalt 2023 und massiver Steuerbelastung der Bürger lieferten sich die Politiker lieber Diskussionen über das Format eines runden Tisches, an dem Einsparungen besprochen werden sollten. Der fand deshalb am Montagabend nicht statt.

Das zerschlagene Sparschwein sieht im Vergleich zu dem, was sich jetzt im Haupt- und Finanzausschuss abgespielt hat, sogar noch freundlich aus. Trotz drohenden Millionendefizits im Haushalt 2023 und massiver Steuerbelastung der Bürger lieferten sich die Politiker lieber Diskussionen über das Format eines runden Tisches, an dem Einsparungen besprochen werden sollten. Der fand deshalb am Montagabend nicht statt.

Foto: dpa Kneffel/dpa, Peter Kneffel

Noch vor wenigen Tagen zeichnete sich im Stadtentwicklungsausschuss ein Hoffnungsschimmer ab: Die Politiker wollten parteiübergreifend angesichts eines drohenden Haushaltsdefizits von fast zehn Millionen Euro im kommenden Jahr gemeinsam an einem runden Tisch über die geplanten Invesitionen diskutieren. Doch diese Hoffnungen haben sie ebenso parteiübergreifend am Montagabend im Haupt- und Finanzausschuss komplett vernichtet. Kontroverse Ideen zu möglichen Einsparungen lieferten dabei nicht einmal den Zündstoff, denn zu einer Diskussion kam es gar nicht erst. Die Politiker konnten sich schlicht und einfach nicht einigen, wann, wo und in welcher Zusammensetzung der runde Tisch tagen sollte.

Vorausgegangen waren der Kontroverse die Ausführungen von Kämmerer Thomas Knabbe zu möglichen Reduzierungen im kommenden Etat: „Ich sehe kein Einsparpotenzial mehr, es sei denn, wir fahren die Einnahmen hoch“, betonte er. Seit der ursprünglichen Haushaltsaufstellung in diesem August wurden Investitionen in Höhe von rund 30,8 Millionen Euro nachgemeldet. Größter Posten ist dabei der Neubau der Kita an der Grundschule Uferstraße samt Schulanbau mit zwölf Millionen Euro, der erst nicht im Haushaltsplan stand. Aber beispielsweise auch die Sanierung der Grundschule Büscherhof wird durch Baupreissteigerungen um rund 3,1 Millionen Euro teurer, die Sanierung der Sekundarschule (+1,5 Mio.), die Renonvierung der Sporthalle Am Hammer (+1,8 Mio.), der Aula des Gymnasiums (+1,2 Mio. und der Breitbandausbau an sogenannten Weißen Flecken (+5,6 Mio.) ebenfalls.

Besteht die Kommunalaufsicht darauf, dass trotz Krise der Haushalt in 2024 ausgeglichen ist, führt aus heutiger Sicht kaum ein Weg daran vorbei, den Hebesatz der Grundsteuer B von 550 Punkten im kommenden Jahr auf bis zu 1450 Punkten ab 2025 anzuheben. Für einen durchschnittlichen Grundbesitzer in Leichlingen würde das eine Verdreifachung bedeuten. „Die Stadt leistet sich nichts, ohne die verschiedenen Krisen hätten wir 2024 einen ausgeglichenen Haushalt gehabt. Die Mehrkosten bewegen sich auf Kosten der Inflation“, betonte der Kämmerer. Man sei in intensiven Gesprächen mit dem Landrat.

Genau die Grundsteuer-B-Anhebung wollte die Politik noch vor kurzem unbedingt vermeiden. Denn, so betonte Jens Weber (CDU): „Ich sehe große Probleme, wohin sich unsere Stadt dann entwickelt, Menschen werden wegziehen, Immobilien verkauft, das Bild Leichlingens verändert, wenn wir die Steuern derart erhöhen. Es darf nicht die einzige Lösung sein.“

An anderen Ideen gemeinsam zu arbeiten, dazu sahen sich die Politiker im Haupt- und Finanzausschuss allerdings nicht in der Lage. Für die Bürger bedeutet das: Die Politik verweigerte Entscheidungen unter anderem darüber, ob es in Leichlingen künftig moderne Schulen, Sporthallen und Kitas gibt, wie die Infrastruktur weiterentwickelt und wie es um freiwillige Leistungen der Stadt bestellt sein wird, die die Lebensqualität erhöhen. Stattdessen ergehen sie sich in gegenseitigen Schuldzuweisungen, warum die Beratungen nicht klappen, scheitern am Format der Veranstaltung. Jamaika hatte die Einladung an die politischen Wettbewerber zuerst ausgesprochen, der Bürgermeister dann vorgeschlagen, mit den Fraktionen von CDU, Grünen, SPD und BWL zu diskutieren. Das aber hatte die Koalition ausgeschlagen, weil die FDP nicht dabei gewesen wäre. Auch eine Abstimmung in größerer Runde mit Fachämtern und Bürgermeister lehnte Helmut Wagner (CDU) ab. Die SPD wiederum wollte die FDP auf keinen Fall dabei haben und schon gar nicht in der Zusammensetzung des Haupt- und Finanzausschusses nach der Sitzung weitertagen. Die BWL fühlte sich gar nicht eingeladen, war aber bereit, über die Investionsliste zu reden. Rita Süßelbeck (SPD) wiederum war „gar nicht klar, mit welcher Zielsetzung überhaupt diskutiert werden sollte“. Schließlich schlug die Jamaika-Koalition vor, den Beschluss über den Haushalt 2023 in den Rat zu vertagen. Das hat allerdings Konsequenzen bis hin zur vorläufigen Haushaltsführung Anfang 2023, unter der keine freiwilligen Projekte angegangen werden dürften. „Ich bräuchte eine Woche, um Ihre Änderungen umzusetzen. Wenn Sie erst im Rat nächste Woche über den Haushalt beraten, ist das nicht zu schaffen“, betonte Knabbe. Die Warnung schlugen die Politiker in den Wind, stimmten mit Jamaika-Mehrheit für eine Vertagung. Bankrotterklärung der Volksvertreter auf allen Seiten.

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