Leichlingen Die Wiege der Blütenstadt am Müllerhof

Leichlingen · Einer der ältesten Siedlungsplätze von Leichlingen ist am Müllerhof zu finden.

 Ein Grabstein (l.) auf dem Gelände des Müllerhofes erinnert an den Landwirt Karl Kauert, der 1943 bei einem Bombenangriff ums Leben kam.

Ein Grabstein (l.) auf dem Gelände des Müllerhofes erinnert an den Landwirt Karl Kauert, der 1943 bei einem Bombenangriff ums Leben kam.

Foto: Michael Müller (kl.)/Bernd Rosenbaum

Der prachtvolle Gutshof, den der vergangene Woche verstorbene Schreinermeister Otto Kunze erbauen ließ, beherbergt nicht nur umfangreiche Gebäudeanlagen, die Spaziergänger immer wieder staunen lassen. Kaum bekannt ist, dass der Müllerhof einen der ältesten bekannten Siedlungsplätze im ganzen Stadtgebiet Leichlingen beinhaltet.

Rainer Kohl hat sich mit der Geschichte des Müllerhofs befasst. Schon vor zweieinhalb Jahren war er von der Familie Kunze beauftragt worden, in Zusammenarbeit mit der Stadt Leichlingen und der Bezirksregierung Köln eine mögliche Folgenutzung für den - eigentlich als Landwirtschaft konzipierten - Gutshof-Neubau zu finden. Dazu entwickelte eine Agentur in seinem Auftrag ein 30-seitiges Dossier zur "kulturhistorischen Untersuchung des Areals Müllerhof".

Leichlingen: Die Wiege der Blütenstadt am Müllerhof
Foto: Wolfgang Müller

Darin wird ausgeführt, dass die mutmaßliche Wiege der Blütenstadt eine Motte war, eine vorwiegend aus Holz gebaute Burg, meist in Turmform, auf einem Erdhügel. Dort lebten vermutlich Angehörige des niederen Adels mit ihrer Familie. Von der Motte am Müllerhof ist heute nicht viel mehr als ein bewaldeter Erdhügel von etwa 30 Metern Durchmesser und Fundamentreste eines Steingebäudes erhalten.

Auf Anfrage bestätigte das Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland, dass die Motte bereits seit 1981 in die Liste der Bodendenkmäler eingetragen ist. Da sie sich auf Privatgrund befindet, gibt es allerdings keine Schilder oder Informationstafeln, die auf die historische Stätte hinweisen.

 Der alte Müllerhof von 1988 (o.). Ein Grabstein (l.) erinnert an den Landwirt Karl Kauert, der 1943 bei einem Bombenangriff ums Leben kam.

Der alte Müllerhof von 1988 (o.). Ein Grabstein (l.) erinnert an den Landwirt Karl Kauert, der 1943 bei einem Bombenangriff ums Leben kam.

Foto: Michael Müller (l.)/Peter Thönes (O.)

Das genaue Alter der Anlage ist nicht bekannt, da es dort bisher wohl noch keine archäologische Grabung gab. Schätzungen gehen aber davon aus, dass die Motte um 1100 entstand. 1166 wird erstmals urkundlich eine Mühle an der Wupper erwähnt (siehe Infokasten).

Zwischen dem 14. und dem Beginn des 19. Jahrhunderts war der Müllerhof, der sich inzwischen gebildet hatte, durch die Hände zahlreicher Pächter gegangen. Der Geschichtsstammtisch Leichlingen hat in mühevoller Kleinarbeit viele Namen von Pächtern dieser Zeit zusammengetragen.

1905 schließlich pachtet die Familie Kauert den Hof und erleidet hier gleich mehrere Schicksalsschläge. Erst brennen am 9. September 1907 große Teile des Hofes durch ein Feuer nieder. Und dann kommt am 29. Juni 1943 bei einem Bombenangriff der Alliierten der Bewirtschafter des Hofes, Karl Kauert, ums Leben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird es still um den Müllerhof - bis ihn 1987 Otto Kunze erwirbt.

Was nach dem Tode des Besitzers nun mit dem Gelände geschieht, ist offen. Da es sich im Außenbereich an einem Naturschutzgebiet befindet, sind verschiedene kommerzielle Nutzungsmöglichkeiten bislang behördlich ausgeschlossen. Angedacht waren schon einmal ein Promikoch-Restaurant mit Gutshof-Hotel und Wellnessbereich im Herrenhaus.

Auch eine Reha-Einrichtung für Pferde hätte entstehen sollen. Platz genug ist für etwa 25 Pferde. Als weiteres Standbein wären eine symbiotische Landwirtschaft mit alten deutschen Viehrassen, ein Slowfood-Hofladen mit eigenen Produkten, eine Fischzucht und eine Imkerei möglich gewesen.

Dem Vernehmen nach haben die vier Töchter wohl kein großes Interesse an dem Areal, allerdings soll es bereits Kontakte zu verschiedenen Investoren geben.

(RP)
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